Juristen fordern mehr Absicherung für Bundesverfassungsgericht

Das Grundgesetz wird 75 Jahre alt. Zwei frühere Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts sprechen darüber, wie das Gericht in der deutschen Verfassung besser abgesichert werden könnte – mit Blick auf Populisten.

Das Bundesverfassungsgericht sollte zum Schutz vor Populisten nach Worten des früheren Gerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier im Grundgesetz weiter abgesichert werden. Es sei “eines der fünf Verfassungsorgane, seine grundlegenden Regelungen gehören ins Grundgesetz”, forderte Papier gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Vor 75 Jahren, am 23. Mai 1949, wurde das Grundgesetz verkündet.

Mit Blick auf Verfassungsfeinde sagte Papier, dass durchaus die Gefahr bestehe, dass das Verfassungsgericht grundlegend verändert werde. “Beispielsweise ist zur Besetzung des Gerichts im Grundgesetz wenig gesagt. Nicht einmal, dass seine Mitglieder ausnahmslos Juristen sein müssen und hauptamtlich tätig sind, nichts zur Zahl der Mitglieder, nichts zur Amtszeitbegrenzung und nichts zur Wiederwahl.” Eine einfache Mehrheit könne das Gericht “mit eigenen Leuten nach Änderung des Gesetzes fluten, könnte es weitgehend politisieren”.

Andreas Voßkuhle, ebenfalls ein früherer Präsident des Bundesverfassungsgerichts, sagte, dass das Grundgesetz “voller Lehren aus Weimar” stecke und die Demokratie mehrfach sichere. “Aber es ist kein Zufall, dass weltweit Verfassungsgerichte unter Druck geraten: Sie sind es, die die Machthaber bremsen, nach einem Wahlsieg das demokratische System umzubauen.” Auch Deutschland solle deshalb überlegen, das Verfassungsgericht zusätzlich abzusichern. “Eine Reihe von Regelungen für das Gericht sind allein im Bundesverfassungsgerichtsgesetz enthalten, das man mit einfacher Mehrheit ändern kann.”

Udo di Fabio, früherer Richter am Bundesverfassungsgericht, sagte der “Welt am Sonntag”, man könne darüber nachdenken, das Gericht in seiner Unabhängigkeit weiter zu stärken. “Nur eines sollte man nicht tun: Man sollte nicht die Zweidrittelmehrheit bei der Richterwahl, die zurzeit in einem einfachen Gesetz festgeschrieben ist, in die Verfassung schreiben. Denn dann geben sie einer möglichen Sperrminorität der populistischen Kräfte, wenn sie über ein Drittel der Mandate verfügen, einen großen Hebel in die Hand.”

Nach heutiger Rechtslage könnte man di Fabio zufolge auf eine solche Entwicklung reagieren, “indem durch bloße Gesetzesänderung verfügt würde, auch eine normale Mehrheit im Bundestag oder im Bundesrat für die Richterwahl ausreichen zu lassen”. Allerdings könnte man eine Altersgrenze, Amtsdauer oder die Anzahl der Richterinnen und Richter in die Verfassung schreiben. “Mehr braucht es in meinen Augen nicht.”