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Europarat bemängelt Zustände in Gefängnissen und Psychiatrien

Überfüllte Haftanstalten, ruhiggestellte Patienten: Missstände in geschlossenen Einrichtungen verletzen die Würde der Betroffenen und behindern ihre Wiedereingliederung. Die Folgen sind am Ende teurer, finden Experten.

Ein Fachausschuss des Europarates hat ernste Besorgnis über eine wachsende Überbelegung in Gefängnissen vor allem in einigen westeuropäischen Ländern geäußert. Auch in psychiatrischen Einrichtungen gebe es Missstände, etwa bei der isolierten Unterbringung von Patienten oder bei Zwangsmaßnahmen, erklärte das Komitee zur Verhütung von Folter in seinem Jahresbericht, der am Donnerstag in Straßburg veröffentlicht wurde. Zu häufig würden in der Psychiatrie Medikamente eingesetzt, wo eigentlich psychosoziale Therapien für die Genesung und Wiedereingliederung der Patienten angezeigt seien.

Mit Blick auf überfüllte Haftanstalten warnte der Vorsitzende des Komitees, Alan Mitchell, diese Situation führe zu mehr Spannungen und Gewalt und weniger motivierenden Aktivitäten. Häftlinge würden so schlechter auf ihre Rückkehr in die Gesellschaft vorbereitet. In manchen Ländern der ehemaligen Sowjetunion gebe es in Gefängnissen zudem noch immer eine informelle Hierarchie mit Kontroll- und Unterdrückungsstrukturen innerhalb der Strafgefangenen.

Die Regierungen sollten politischen Willen zeigen, das Problem der Überbelegung zu lösen, indem sie ihre Strafrechtspolitik reformierten und ausreichende Mittel für den Strafvollzug und die Bewährungshilfe bereitstellten, forderte Mitchell.

Im vergangenen Jahr überprüfte das Komitee zur Verhütung Einrichtungen in 19 Ländern des Europarats, darunter Dänemark, Frankreich, Italien und die Niederlande, die Schweiz und die Türkei. Dabei besuchten Experten 58 Gefängnisse und 75 Polizeistationen sowie zahlreiche psychiatrische Kliniken, Haftzentren für Migranten und Pflegeeinrichtungen.