Auch bei einem Massenzustrom von Asylsuchenden müssen EU-Mitgliedstaaten für deren Unterbringung und Verpflegung sorgen. Ausnahmen lässt der Europäische Gerichtshof nicht gelten. Maßstab bleibt die Menschenwürde.
Auch bei einem unvorhergesehenen Zustrom von Asylsuchenden müssen die Behörden Unterkunft und Versorgung gewährleisten. Ein Verstoß dagegen könne zu einer Haftung des betreffenden EU-Staats führen, stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Freitag klar.
Hintergrund ist der Fall von zwei Asylbewerbern, denen in Irland die im Unionsrecht vorgesehenen Mindestleistungen verwehrt wurden. Die beiden Männer aus Afghanistan und Indien hatten jeweils einen Einzelgutschein über 25 Euro erhalten und mussten auf der Straße oder in Behelfsunterkünften schlafen. Die irischen Behörden beriefen sich darauf, dass wegen des Krieges in der Ukraine und einer Vielzahl von Schutzsuchenden die Unterbringungskapazitäten vorübergehend erschöpft seien.
Wie der EuGH befand, überschreitet ein Staat seinen Spielraum, wenn er Schutzsuchenden ohne Eigenmittel eine materielle Unterstützung verweigert. Eine solche Unterlassung könne einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht darstellen, der zu einer Haftung des betreffenden Mitgliedstaats führe. Auch im Fall eines massiven und unvorhersehbaren Zustroms müssten die Mitgliedstaaten die Grundbedürfnisse der betroffenen Personen so decken, wie es die Achtung der Menschenwürde laut der EU-Grundrechtecharta verlange.