Ethikverein

Der Ethikverein in Essen ist nach eigenen Angaben die bundesweit einzige unabhängige Anlaufstelle für Menschen, die Grenzverletzungen in der Psychotherapie erlebt haben. Auf jährlich rund zwei Millionen ambulante und stationäre psychotherapeutische Behandlungen kommen geschätzt mehr als 1.000 Fälle von sexuellem Missbrauch. Dies ist strafrechtlich relevant: Laut Paragraf 174c wird derjenige bestraft, der „sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut ist, unter Missbrauch des Behandlungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt“.

Anzeige erstatten nur wenige Patienten. Scham und das Gefühl, selbst schuldig zu sein, lassen Betroffene laut Fachleuten schweigen. Außerdem fehlen oft Beweise, weil die Sitzungen in der Regel hinter geschlossenen Türen stattfinden. So kommt es pro Jahr im Schnitt nur zu durchschnittlich vier Strafverfahren.

Doch nicht nur eine sexuelle Beziehung zu einer Patientin oder einem Patienten ist Therapeutinnen und Therapeuten untersagt, auch andere Formen der privaten Kontaktaufnahme sind tabu: gemeinsame Ausflüge, Abendessen, Mail- oder Chatkontakte. Daneben stellen unnötige Behandlungen und unsachgemäße Abrechnungen Grenzverletzungen dar. Es gilt die sogenannte Abstinenzpflicht, die in der Musterberufsordnung der Bundespsychotherapeutenkammer festgelegt ist.

Wer dagegen verstößt, kann berufsrechtlich oder zivilrechtlich, über Forderungen nach Schadensersatz und Schmerzensgeld, belangt werden. Die Abstinenzpflicht endet erst nach einem Jahr nach Beendigung der Therapie, wenn keine Abhängigkeit und Behandlungsbedürftigkeit mehr besteht.