Artikel teilen:

Erzbistum Köln zahlt Missbrauchsopfer 360.000 Euro

Deutlich mehr Geld: Statt 70.000 Euro bekommt die Missbrauchsbetroffene Melanie F. nun 360.000 Euro vom Erzbistum Köln. Dennoch kämpft sie vor Gericht weiter für ein deutlich höheres Schmerzensgeld.

Nach ihrer verlorenen Schmerzensgeldklage gegen das Erzbistum Köln hat die Missbrauchsbetroffene Melanie F. eine zusätzliche freiwillige Zahlung der Kirche in sechsstelliger Höhe erhalten. Eine bereits geleistete Summe von 70.000 Euro in Anerkennung des Leids wurde um 290.000 Euro auf 360.000 Euro erhöht. Entsprechende Medienberichte bestätigten die Erzdiözese und der Anwalt der Betroffenen, Eberhard Luetjohann, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Dennoch kämpfe seine Mandantin in einem Berufungsverfahren weiterhin für ein Schmerzensgeld von mindestens 830.000 Euro, so Luetjohann.

F. war als Mädchen über Jahre von dem zu zwölf Jahren Haft verurteilten Priester U. missbraucht worden, der sie als Pflegevater bei sich aufgenommen hatte. Das Landgericht Köln wies im Juli die Schmerzensgeldklage mit der Begründung zurück, dass eine Amtshaftung des Erzbistums nicht infrage komme. Denn U. habe die Taten nicht im Amt, sondern als Privatmann begangen. Auch eine Haftung wegen unterlassener Sorgfalts- und Fürsorgepflichten schloss das Gericht aus, da Bedienstete des Erzbistums Köln keine Anhaltspunkte für den Missbrauch gehabt hätten.

Über die Höhe der freiwilligen Zahlungen der katholischen Bistümer in Deutschland an Missbrauchsopfer bestimmt die 2021 eingerichtete Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA). Melanie F. hatte Widerspruch gegen die erste Zahlung eingelegt und daraufhin weitere 290.000 Euro zugesprochen bekommen. Die UKA orientiert sich nach eigenen Angaben an gerichtlichen Schmerzensgeldern und reagiert dabei auf die aktuelle Rechtsprechung. 2023 hatte das Landgericht Köln einem früheren Messdiener das bis dahin höchste Schmerzensgeld von 300.000 Euro zugesprochen.

Das Erzbistum teilte auf Anfrage mit, dass es Melanie F. darauf hingewiesen habe, dass sie über das UKA-Verfahren leichter an Anerkennungsleistungen kommen könne. Die kirchliche Kommission verlangt keine Beweise, sondern prüft nur die Plausibilität der Schilderungen von Betroffenen. Zudem betonte das Erzbistum, dass seine Zahlungen nicht aus Kirchensteuermitteln, sondern durch den Verkauf von Immobilien refinanziert würden.

Luetjohann begründete die Fortsetzung der gerichtlichen Auseinandersetzung damit, dass die Anerkennungszahlung kein Schmerzensgeld sei. Er sprach von “einer Art Schenkung”.

Die UKA hat laut ihrem Tätigkeitsbericht bis Ende 2024 für 31 Betroffene schweren Missbrauchs Zahlungen von über 250.000 Euro angewiesen. Die Gesamtsumme für diese Gruppe beläuft sich auf rund 10,25 Millionen Euro; damit erhielt jede einzelne dieser Personen im Schnitt rund 330.000 Euro.

Bis Ende 2024 entschied die UKA insgesamt 2.500 Fälle; die zuerkannten Zahlungen beliefen sich auf die Gesamtsumme von 76,7 Millionen Euro.