Erzbistum Köln vor Herausforderungen in Zeiten finanziellen Umbruchs

Das Erzbistum Köln mit aktuell rund 1,73 Millionen Mitgliedern verzeichnet für das zurückliegende Jahr 2022 einen Überschuss in Höhe von 30 Millionen Euro. Allerdings liegt dieser positive Saldo deutlich unter dem Überschuss des Jahres 2021 in Höhe von 85 Millionen Euro, wie der Ökonom des Erzbistums, Gordon Sobbeck, am Dienstag bei der Vorlage des Finanzberichts 2022 erläuterte. Auch wenn diese Entwicklung, unter anderem durch neue Kirchenlohnsteuerberechnungsverfahren in der Diözese, vorhersehbar war, müsse sich das Erzbistum künftig auf eine schwache Entwicklung der Kirchensteuereinnahmen einstellen.

Zum Ende des Jahres 2022 war das Gesamtvermögen des Erzbistums auf 4.263,9 Millionen Euro gewachsen, ein Plus von 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie Sobbeck erläuterte. Davon ist der überwiegende Teil in Höhe von rund 3.345 Millionen Euro etwa in Wertpapieren oder Fonds angelegt. Die Eigenkapitalquote etwa in Form von Bistumskapital und von Rücklagen mache rund 65 Prozent aus, sei aber in erster Linie zweckgebunden, etwa für den Bauunterhalt. Allein 940 Millionen Euro waren in den Rücklagen im vergangenen Jahr für den Bau- und Immobilienbereich in den Gemeinden vorgesehen gewesen.

Wichtigster Faktor auf der Einnahmenseite des Erzbistums sind laut Sobbeck weiterhin die Kirchensteuern. Im Jahr 2022 lagen diese mit 689 Millionen Euro um 1,6 Prozent höher als im Vorjahr. Doch bereits für das laufende Jahr müsse mit einer rückläufigen Entwicklung gerechnet werden. Allein bis August dieses Jahres habe der Rückgang bereits bei 5,7 Prozent gelegen. Auch vor dem Hintergrund der hohen Inflation müsse ein reales Absinken der Finanzkraft von Deutschlands mitgliederstärkstem Bistum festgestellt werden. Ein einzelner Euro Kirchensteuer aus dem Jahr 2019 habe heute nur noch eine Kaufkraft von 84 Cent.

An Opfer sexualisierter Gewalt im Erzbistum sei von den bislang rückgestellten sechs Millionen Euro etwa die Hälfte gezahlt worden, hieß es. Im Nachgang zu der durch das Landgericht Köln zugesprochenen Schadensersatzzahlung in Höhe von 300.000 Euro an ein Missbrauchsopfer werde diese Position in den Rückstellungen allerdings neu dotiert werden müssen, kündigte Sobbeck an.

Bei den Zuwendungen aus dem sogenannten BB-Fonds des Erzbistums, einem Sondervermögen des Erzbistums, seien neben den Zahlungen an Missbrauchsopfer auch weiterhin Zahlungen an die Trägerstiftung der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) vorgesehen. Allerdings werde die noch für das laufende Jahr 2023 beantragte Zuwendung an die Trägerstiftung der KHKT vonseiten des Erzbistums in Höhe von 2,5 Millionen Euro mittelfristig abgeschmolzen und gedeckelt werden, kündigte Sobbeck an. Die von Kardinal Rainer Maria Woelki protegierte KHKT ist wegen ihrer Finanzierung und wegen ihrer Konkurrenz zur katholisch-theologischen Fakultät der Universität Bonn als Ort für die Priesterausbildung auf Kritik gestoßen.

Das Erzbistum Köln stehe finanziell und wirtschaftlich vor großen Herausforderungen, betonte Sobbeck. Das Jahr 2023 werde das Erzbistum voraussichtlich mit einem Defizit abschließen. Die aktuell rückläufige Kirchensteuerentwicklung sei nicht mehr aufzuholen. Auch sei der Rückgang der „Katholikenpopulation“durch die demografische Entwicklung und durch Austritte stärker ausgefallen als erwartet. Waren im Jahr 2021 im Erzbistum 40.772 Katholiken ausgetreten, so waren es im vergangenen Jahr bereits 51.345.

Der größte Teil der Kirchensteuer floss dem Erzbistum zufolge im Jahr 2022 in die Kirchengemeinden. Über 253 Millionen Euro gingen dorthin als Zuschüsse etwa für Seelsorge, Personal und Gebäude. Weitere 100 Millionen wurden für Kitas und Schulen zur Verfügung gestellt. Jugend-, Erwachsenen- und internationale Seelsorge erhielten 72 Millionen Euro, die Caritas 58 Millionen Euro. Als Sonderausgaben wurden für Flüchtlinge aus der Ukraine 1,4 Millionen eingesetzt, drei Millionen Euro flossen in den Energiehilfsfonds für Bedürftige.

Künftig werde die finanzielle Stärke des Erzbistums mit wachsender Geschwindigkeit erodieren, prognostizierte der Ökonom Sobbeck. Daher dürften nicht nur einzelne Jahresergebnisse über Risikoabmilderung entscheiden, sondern der mittel- bis langfristige Trend. Allein mit Blick auf die insgesamt 4.600 Gebäude im Erzbistum, darunter 1.200 denkmalgeschützte Kirchen, müsse in Sachen Energie und Klimaschutz der Finanzbedarf im Erzbistum neu priorisiert werden. Ein Erfassungsprozess solle noch in diesem Jahr eine Entscheidungsgrundlage für eine Reduzierung des Gebäudebestands liefern.