Erneuter Prozess gegen Synagogen-Attentäter Stephan B.

Der Halle-Attentäter Stephan B. steht erneut vor Gericht. Ihm wird Geiselnahme und Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen.

Justizministerin Franziska Weidinger mit Abteilungsleiter JVA Wolfgang Reichel - Pressekonferenz im Justizministerium zu den Vorkommnissen rund um den Halle Attentäter Stephan Balliet in der JVA Burg
Justizministerin Franziska Weidinger mit Abteilungsleiter JVA Wolfgang Reichel - Pressekonferenz im Justizministerium zu den Vorkommnissen rund um den Halle Attentäter Stephan Balliet in der JVA BurgImago / Christian Schroedter

Der Synagogen-Attentäter von Halle steht ein weiteres Mal im Fokus der Öffentlichkeit. Stephan B., der im Oktober 2019 einen antisemitisch motivierten Anschlag auf das jüdische Gotteshaus verübt und dabei zwei Passanten getötet hatte, steht seit Donnerstag erneut vor Gericht. Vor dem Landgericht Stendal muss er sich wegen eines Fluchtversuchs aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Burg Ende 2022 verantworten. Dort verbüßte er seinerzeit seine lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung.

Der Prozess hatte mit der Verlesung der Anklageschrift durch den Oberstaatsanwalt begonnen. B. ist wegen Geiselnahme und Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt. Die Verhandlung findet aus Sicherheitsgründen am Landgericht Magdeburg statt. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg wirft B. vor, am 12. Dezember 2022 in der JVA Burg zwei Vollzugsbeamte als Geiseln genommen zu haben. Er habe sie mit einem selbst gebastelten Schussapparat genötigt, ihm mehrere Türen für eine Flucht aus dem Gefängnis zu öffnen. Der Ausbruchsversuch scheiterte demnach an der Kfz-Schleuse.

Ausbruchsversuch scheiterte an der Kfz-Schleuse

B. äußerte sich im Anschluss ausführlich zu den Vorwürfen. Er gestand ein, dass er das Gefängnis habe verlassen wollen. Dass die Schleuse nicht geöffnet wurde, sei aus seiner Sicht eine Finte gewesen. Er habe jedoch nicht auf die beiden Geiseln schießen wollen. Stattdessen habe er auf das Schleusentor gezielt. Der Angeklagte bestritt zudem eine in der Anklageschrift zitierte Aussage aus den Vernehmungsprotokollen, er habe eine Geisel auf der weiteren Flucht mitnehmen wollen.

Zu den Gründen für den Fluchtversuch gab B. an, er habe wenige Tage zuvor aus Medienberichten erfahren, dass eine Gruppe Rechtsradikaler festgenommen worden sei. Offenbar handelte es sich dabei um die sogenannten „Reichsbürger“ um Heinrich XIII. Prinz Reuß, die damals einen Umsturzversuch geplant haben sollen. An dem folgenden Wochenende habe er den Schussapparat hergestellt, den er überwiegend aus Schreibmaterial wie einem Tacker, Papier und einem Kugelschreiber gebastelt habe.

Stephan B: Keine konkreten Pläne für die Zeit danach

B. gab zudem auf Nachfrage an, er habe im Falle einer erfolgreichen Flucht keine konkreten Pläne für die Zeit danach gehabt. Die Verhandlung wurde am Nachmittag mit der Vorführung mehrerer Videoaufnahmen der Überwachungskameras fortgesetzt, mit denen der Fluchtversuch gefilmt wurde.

Für den Prozess sind insgesamt acht Verhandlungstage angesetzt. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, müsse der Angeklagte mit einer weiteren Freiheitsstrafe zwischen fünf und 15 Jahren rechnen, hieß es.

Am 9. Oktober 2019, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, hatte B. bei seinem Anschlag auf die Hallenser Synagoge eine 40-jährige Frau und einen 20 Jahre alten Mann getötet. Zwei weitere Menschen verletzte er schwer. Sein Versuch, in das jüdische Gotteshaus einzudringen, scheiterte an der Tür zu dem Synagogengelände. Das Oberlandesgericht Naumburg verurteilte ihn im Dezember 2020 wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in mehr als 55 Fällen zu lebenslanger Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung.