Er setzte die Konfirmation in Württemberg durch

Er wurde in Tübingen 1657 geboren und starb dort am 18. Oktober 1724, also vor 300 Jahren: Johann Osiander, evangelischer Theologieprofessor, zog während seiner Lebenszeit allerdings durch ganz Europa. Da er viele Sprachen beherrschte, wurde er in kriegerischen Zeiten als Diplomat eingesetzt. Die Einführung der Konfirmation in Württemberg geht auf sein Wirken in der Kirchenleitung zurück.

Osiander stammte aus gelehrtem Haus, der Vater war schon Theologieprofessor und Kanzler der Tübinger Universität gewesen. Nach dem eigenen Theologiestudium begleitete der junge Mann den Sohn eines schwedischen Feldmarschalls fünf Jahre lang auf Europareise, zwei Jahre davon machten sie Station in Paris. Der württembergische Herzog erkannte die Begabung Osianders und nahm ihn bald darauf in seinen Dienst. So wurde es seine Aufgabe, im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) fremden Truppen in Württemberg als „Oberkriegskommissär“ zur Seite zu stehen. Und genau in jener Zeit konnte er die französischen Einheiten davon abbringen, über seine Heimstadt Tübingen herzufallen.

Gleichwohl konnte der Theologe, der auch das Tübinger Evangelische Stift leitete, nicht ganz Württemberg schützen. So wurden 1693 sieben Städte und 37 Dörfer durch Soldaten in Schutt und Asche gelegt. Berichten zufolge soll Osiander aber als Diplomat insgesamt 22 „gekrönten Häuptern“ in Europa persönlich bekannt gewesen sein. „Die Ernennungen zum sächsischen und zum schwedischen Kirchenrat sind deshalb als Ehrungen zu betrachten“, schreibt der württembergische Kirchenhistoriker Hermann Ehmer. Und im „Conversations-Lexicon“ aus dem Jahr 1817 heißt es über den Tübinger: „Er war ein Mann von großen Talenten, der mit der akademischen Gelehrsamkeit praktischen Verstand, Beredsamkeit, Weltkenntnis, Muth und Patriotismus verband, und erwarb sich um sein Vaterland bleibende Verdienste“.

Titel wie der des Abts von Königsbronn (1694) und des Abts von Hirsau (1699) für Osiander hatten mehr ehrenden Charakter, weil sie nicht unmittelbar mit Aufgaben, dafür aber mit Gratifikationen verbunden waren. Beachtung fanden auch die von ihm gedichteten geistlichen Lieder, darunter „Herr, geh nicht mit deinem Knecht in das strenge Strafgericht“.

Kurz vor seinem Lebensende führte Johann Osiander 1723 die Konfirmation in Württemberg ein. Betrieben hatte dieses Projekt in den 1690er Jahren der Tübinger Theologe Johann Andreas Hochstetter unter dem Einfluss des Pietismus. Erreichen will die Kirche damit bis heute, dass als Säugling getaufte Menschen im Jugendalter eine bewusste Entscheidung für den evangelischen Glauben treffen.

Da Osiander seit 1708 Chef der württembergischen Kirchenleitung war, konnte er die Konfirmation zum festen Bestandteil protestantischer Bildung machen. Die Idee der Konfirmation war zu diesem Zeitpunkt schon fast 200 Jahre alt, setzte sich aber erst im 18. Jahrhundert in Deutschland durch. Die von Osiander inkraftgesetzte Konfirmation war kirchenpolitisch seine nachhaltigste Tat: Im Jahr 2023, also 300 Jahre später, wurden in Württemberg fast 14.000 junge Menschen konfirmiert. (2240/16.10.2024)