Engelsbrücke bis Trevi-Brunnen: Fürs Heilige Jahr hinterm Bauzaun

Fragt man Bürger Roms, wie sie auf das Heilige Jahr blicken, verdrehen viele die Augen. Denn im Moment ist die Ewige Stadt oft lahmgelegt von zahllosen Baustellen. Und viele ihrer Schätze verschwinden hinter Bauzäunen.

Der leere Trevi-Brunnen bringt für manche das Fass zum Überlaufen. “Das kann die Stadtverwaltung doch nicht ernst meinen”, sagt Rom-Führerin Heidi, während sie einer Gruppe kanadischer Touristen erklärt, dass der wohl berühmteste Brunnen der Welt wegen Renovierung gesperrt ist; ein durchaus alltägliches Bild in Rom wenige Wochen vor dem Heiligen Jahr 2025. “Eigentlich kann man inzwischen nur noch lachen”, so die Reiseführerin schulterzuckend.

Genau wie zig weitere der zahllosen Sehenswürdigkeiten in Rom wird die 1762 vollendete Fontana di Trevi gerade aufgeputzt. Denn für das katholische Festjahr (Giubileo), das Papst Franziskus am 24. Dezember im Petersdom eröffnen will, werden mehr als 30 Millionen Gäste erwartet. Und das in einer Stadt, die das Wort Overtourism vor- und rückwärts buchstabieren kann.

Ob die Piazza Navona mit dem berühmten Vierströmebrunnen, die päpstliche Lateranbasilika oder der Selfie-Hotspot Engelsbrücke: Dutzende Denkmäler verschwinden derzeit hinter Bauzäunen, an denen das Emblem “Caput Mundi” prangt.

Das stolze Markenzeichen aus dem Hexameter “Roma caput mundi regit orbis frena rotundi (“Rom, die Hauptstadt der Welt, lenkt die Zügel des Erdkreises”) erinnert an goldene Zeiten des Römischen Weltreichs. Und selbst Goethe nutzte in seiner “Italienischen Reise” 1786 die geflügelten Worte: “Endlich angelangt in dieser Hauptstadt der Welt”.

“Caput Mundi” heißt auch die Stiftung, über die Roms Stadtverwaltung für das Heilige Jahr Hunderte Maßnahmen an kulturellen und archäologischen Stätten umsetzt, größtenteils gefördert von der Europäischen Union. Günstig mag sich da auswirken, dass der seit 2021 amtierende Bürgermeister Roberto Gualtieri (Partito Democratico) zehn Jahre im EU-Parlament saß, davon fünf als Leiter eines Wirtschaftsausschusses.

Den Touristen, die vor der leergepumpten Fontana di Trevi stehen, mag das herzlich egal sein. Marie und Ainoa aus dem französischen Lourdes, die gerade ein paar Mutter-Tochter-Tage in Rom verbringen, sind schon etwas enttäuscht. “Aber immerhin konnten wir eine Münze in den Brunnen werfen – also in den Pool”, lacht Ainoa. Denn damit Touristen nicht auf den Brauch verzichten müssen, der laut Legende die Rückkehr nach Rom sichert, hat die Stadt ein Bassin mit wasserblauem Grund vor dem fast 50 Meter breiten Brunnen mit der Marmorfassade von Nicola Salvi (1697-1751) aufgestellt. Die Münzen kommen der örtlichen Caritas zugute.

David aus Michigan, der auf seiner Europa-Kreuzfahrt genau einen Tag in Rom hat, findet das “Planschbecken” vor dem monumentalen Meisterwerk eher merkwürdig. “Unser Guide hat uns erklärt, was hier gerade los ist”, sagt der Mittfünfziger. “Wenigstens ist der Bauzaun durchsichtig, so dass man überhaupt was sehen kann.”

Nach der Renovierung sollen die täglich rund 12.000 Besucher sogar noch mehr von der 26 Meter hohen mit Meereswesen bevölkerten Fassade sehen können: über einen Steg, der quer über das Brunnenbecken führt. Damit sollen laut Bürgermeister Gualtieri auch die Besuchermassen gezählt werden. Eine Zugangsbegrenzung samt Eintrittsgebühr von etwa zwei Euro sei für 2025 nicht ausgeschlossen.

Dass alle geplanten Projekte rechtzeitig abgeschlossen sind, bezweifelte kürzlich der Heilig-Jahr-Beauftragte des Papstes, Erzbischof Rino Fisichella. Insbesondere die Umgestaltung des Verkehrsknotenpunkts Piazza del Risorgimento nahe den Vatikanischen Museen komme kaum voran, so der Pro-Präfekt der Vatikanbehörde für Evangelisierung. Auch Händler im Borgo-Viertel am Vatikan schlugen Alarm, weil dort eine Hauptverkehrsader erneuert werden soll – aber während des Festjahrs, wenn die Pilger und Touristen schon da sind.

Bewegung gibt es dagegen bei einem der wichtigsten Verkehrsprojekte: Bereits im Juli war der Tunnel-Durchbruch zwischen Vatikan und Tiber geschafft. Auf dem Auto-Tunnel soll eine moderne Piazza entstehen, über die Fußgänger direkt von der Engelsburg bis zum Petersplatz gelangen. Der rund 85 Millionen Euro teure Tunnel wird bis zur Eröffnung des Heiligen Jahres am 24. Dezember fertig, versprach Gualtieri. Bis dahin bereiten die vielen Baustellen und Umleitungen dem “Haupt der Welt” noch gehörig Kopfweh.