„Endlich wieder Gottesdienst wie früher“
Nur Geimpfte und Genesene kommen rein: Die Kirchengemeinde Hamburg-Fischbek feiert zu Erntedank einen Gottesdienst nach 2G-Regeln. Gut möglich, dass sie zum Vorbild wird.
Hamburg. Erntedank wird in der Cornelius-Gemeinde von Fischbek jedes Jahr groß gefeiert: Mit Obst und Gemüse ist die Kirche bunt geschmückt, die Besucher kommen in Scharen – auch in diesem Jahr. Denn der Gottesdienst am Sonntag, 3. Oktober, um 11 Uhr wird nach der 2G-Regel gefeiert. Nur wer geimpft oder genesen ist, hat Zutritt zur Cornelius-Kirche.
„Endlich können wir wieder einen Gottesdienst wie früher feiern“, sagt Pastor Gerhard Janke und freut sich. In der Tat fallen die Corona-Beschränkungen weg: Die Kirche darf bis auf den letzten Platz besetzt werden, Mindestabstände gibt es nicht mehr, niemand muss eine Maske tragen, und es darf gesungen werden. Nur Kontaktdaten werden noch erfasst. Besonders den gemeinsamen Liedern fiebert Janke entgegen, der Posaunenchor und der Kantor würden schon an einem Programm arbeiten.
Was wird zu Weihnachten?
Mit einer großen Mehrheit hat der Kirchengemeinderat den 2G-Gottesdienst beschlossen. Man wolle Erfahrungen sammeln, sagt der Pastor, der dazu aufruft, Feedback zu geben. Denn die Planungen für die kommenden Monate seien bereits angelaufen. Für Weihnachten etwa können sich die Christen in Fischbek eine Mischung aus 2G-Gottesdiensten und Feiern ohne Zugangsbeschränkungen vorstellen.
Und was sagt die Gemeinde zur Kritik, dass bei einem 2G-Gottesdienst Ungeimpfte ausgeschlossen werden? „Erntedank wird unsere Kirche so voll, dass wir ohnehin Leute wieder nach Hause schicken müssen“, sagt Janke, der von einer großen Unterstützung in der Gemeinde für das 2G-Experiment berichtet. Und der Anteil der Bevölkerung, der sich nicht impfen lassen könne, sei klein. Diese Ansicht bestätigt das Robert-Koch-Institut (RKI), das von einem „sehr geringen“ Prozentsatz spricht.
Mit ihrem Erntedank-Gottesdienst gehören die Fischbeker zu den Vorreitern in Hamburg. Weder die beiden Kirchenkreise noch das katholische Erzbistum kennen Gemeinden, die nach den 2G-Regeln Gottesdienst feiern. Allerdings haben in den vergangenen Wochen bereits Trauerfeiern und Trauungen unter 2G in Kirchen stattgefunden.
Gemeinden denken nach über 2G
Nach welchen Regeln die Gottesdienste gefeiert werden, entscheiden allein die Gemeinden. Viele würden momentan über das 2G-Modell nachdenken, sagt Thomas Kärst, der als kirchlicher Beauftragter beim Senat in Sachen Corona-Regeln zwischen der Stadt und der Kirche vermittelt. Der Nordkirche sei es wichtig, bei Gottesdiensten niemanden auszuschließen. „Das muss aber nicht für jede Feier gelten“, sagt er. Der Theologe nennt Gemeindeverbünde und große Gemeinden mit mehreren Kirchen, die unterschiedliche Modelle anbieten könnten. Bei den zu einem guten Teil älteren Gottesdienstbesuchern sei die Impfquote ohnehin sehr hoch, was für das 2G-Modell spreche.
Für Gottesdienste nach dem bereits bekannten Modell hat sich die Hauptkirche St. Nikolai für die kommenden Wochen entschieden – mit Maske und viel Abstand. Nur bei Gottesdienst mit viel Zuspruch – etwa zu Erntedank – sei eine Anmeldung nötig, damit niemand nach Hause geschickt werden müsse, sagt Pastorin Corinna Senf. Weihnachten sei denkbar, einen Teil der Gottesdienste nach 2G zu veranstalten. Auf diese Weise gibt es in St. Nikolai auch jetzt schon kulturelle Veranstaltungen, etwa ein Brahms-Requiem am Sonnabend, 13. November. Das habe vor allem wirtschaftliche Gründe, erläutert die Pastorin. Noch nicht entschieden ist die Masken-Frage. Manche würde auf das Tragen viel Wert legen, sagt Corinna Senf.