Einkaufen – aber wo und was? – Apps helfen bei der Wahl
Infos und Orientierung im Einkaufsdschungel versprechen viele digitale Helfer. Expertinnen zeigen, welche App in den Bereichen Lebensmittel und Drogerie wozu taugt.
Zig Sorten Tomatensauce, Frühstückscerealien, Brotaufstriche und Drogerieprodukte stehen in deutschen Supermärkten zur Auswahl. Zur Orientierung angesichts des Überangebots gibt es unkomplizierte Hilfe: Im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur stellen Antonia Brandstädter (Ernährung und Umwelt) und Kerstin Effers (Umwelt und Gesundheitsschutz) von der Verbraucherzentrale NRW einige Apps vor, die beim Shoppen unterstützen können:
Wer beim Einkaufen auf Nachhaltigkeit achten möchte, für den eignen sich laut Brandstädter die “Bio123”-App oder die “RegioApp”. Bei beiden Apps gibt man den eigenen Standort frei und bekommt anschließend Tipps, wo sich in der Nähe Bioläden oder Bio-Restaurants befinden. Die Expertin der Verbraucherzentrale empfiehlt, die Standortfreigabe nur für den Moment oder bei Nutzung der App zu erteilen anstatt der Übertragung unbegrenzt zuzustimmen. Je nach Standort seien unterschiedlich viele Daten hinterlegt: “Da muss man vielleicht einfach mal ausprobieren, ob es sich in der Region, in der man selber ist, anbietet, die Apps zu nutzen.”
Komfortabel findet die Expertin die Möglichkeit, sich aus der “Bio123”-App direkt über Google Maps zum gefundenen Laden lotsen zu lassen. Sie könne eine gute Hilfestellung sein, besonders, wenn man neu in einer Region ist oder im Urlaub Bio kaufen möchte. Allerdings werde die App durch gewerbliche Kooperationen mit ausgewählten Bio-Unternehmen finanziert – die inhaltliche Unabhängigkeit sei daher zu hinterfragen: “Wenn da auf etwas verlinkt wird, stellt sich die Frage, ob das unabhängig ist oder wie weit der Verlinkte an der Finanzierung beteiligt ist.” Eine stichprobenartige Untersuchung habe jedoch gezeigt, dass die Artikel zumindest alle Bioqualität besitzen.
Wer sich nachhaltig ernähren möchte, findet Einkaufsunterstützung in Apps wie “planeatary”, dem “Saisonkalender” des Bundeszentrums für Ernährung oder “Too Good To Go”. “Planeatary” zeigt, wieviel man von einem Lebensmittel konsumieren sollte, damit es umweltschonend ist. Der Saisonkalender gibt Tipps, welche Lebensmittel gerade umweltschonend gekauft werden können. Für beide Apps braucht es keine Registrierung.
Nachteile sieht Brandstädter bei “planeatary” darin, dass die App für Android-Geräte nicht verfügbar ist. Zudem sei der Umgang mit der App eher zeitintensiv: Man müsse genaue Mengenangaben dessen, was man isst, eingeben. Das Essen mit der Waage sei oft nicht machbar. Wer zu gestörtem Essverhalten neige, könne außerdem durch das Kalorienzählen in der App getriggert werden. “Da sollte man auf jeden Fall vorsichtig sein und überlegen, ob man damit in ungesunde Verhaltensweisen abrutschen könnte.”
Brandstädter betont, die App könne selbstverständlich kein Ernährungsberater sein, weil weiteres Hintergrundwissen benötigt werde, um vorgeschlagene Ernährungsvarianten umzusetzen. Nur so könne etwa ein Mangel an bestimmten Nährstoffen wie Eisen verhindert werden. “Die App ersetzt keinen Arzt.” Allerdings sei “planeatary” ein einfaches Mittel, um eine “planetary health diet” in den Alltag zu integrieren.
Im Saisonkalender finde man Infos zu den verschiedenen Obst- und Gemüsesorten und sehe, was gerade entweder in Deutschland oder im Heimatland Saison habe. In der App, die leider recht viel Speicherplatz brauche, könne man viele Zusatzinformationen über die Lebensmittel bekommen, so Brandstädter.
Apps, die die Inhaltsstoffe der Produkte thematisieren, sind zum Beispiel “Yuca” und “CodeCheck”. Beide Apps sind Produktscanner: Wer den Strichcode eines Produkts mit der Kamera des Smartphones einscannt, erhält Informationen zu den Inhaltsstoffen. Sie ordnen Nährwerte und Inhaltsstoffe in Bezug auf die Gesundheit mit leicht zu erkennenden Farbcodes ein, sagt Brandstädter. Sie empfiehlt, den Apps auch den Kamerazugriff nur während der Nutzung zu erlauben.
Im Vergleich beider Apps stellt die Expertin fest, dass die “Yuca”-App bei Produkten mit schlechter Inhaltsstoff-Bewertung passendere Alternativprodukte vorschlage als “CodeCheck”. Auch seien die Bewertungskriterien bei “Yuca” transparenter nachvollziehbar. Bei “CodeCheck” sei in der kostenfreien Version nur eine begrenzte Scanzahl möglich – danach müsse man einige Tage warten, bis man neue Anfragen stellen könne. Das sei bei “Yuca” anders. Weil “Yuca” im Gegensatz zu “CodeCheck” keine Anbieterseiten verlinke, könne die Verbraucherzentrale “Yuca” empfehlen. Man müsse sich zwar für die Nutzung registrieren, doch würden die Nutzerdaten dort gut geschützt.
Kerstin Effers empfiehlt im Bereich Drogerieprodukte die Produktscanner-App “ToxFox” des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Sie weist allerdings darauf hin, dass Produkte gegebenenfalls andere problematische Substanzen enthalten können, auch wenn die App “grün” anzeigt. Denn die App bewerte nicht alle Inhaltsstoffe in einem Kosmetikprodukt, sondern ausgewählte Schadstoffgruppen: zum Beispiel bestimmte Substanzen, die das Hormonsystem schädigen können, Nanopartikel und Mikroplastik.
Effers rät Verbraucherinnen und Verbrauchern, bei der Auswahl von Kosmetikprodukten weniger auf Apps zu vertrauen, sondern eher auf zertifizierte Naturkosmetik mit Siegeln wie “Natrue” oder “Cosmos” zu achten: “Diese Siegel stellen Anforderungen, die weit über die EU-Kosmetik-Verordnung hinaus gehen.” So seien etwa alle erdölbasierten Inhaltsstoffe verboten. Menschen mit Allergien müssten allerdings auch hier die Inhaltsstoffe mit ihrem Allergiepass abgleichen.
Im Bereich der Lebensmittel empfiehlt Brandstädter ebenfalls, nach Siegeln Ausschau zu halten: Für nachhaltigen Konsum empfehle sich das “EU-Bio-Label”, für regionalen Einkauf das “Regionalfenster” oder für soziale Nachhaltigkeit das “Fairtrade-Label”.
Die Apps “Zu gut für die Tonne” vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und “NoWaste” unterstützen dabei, Lebensmittelabfälle zu vermeiden. “Schöner Nebeneffekt von diesen Apps ist, dass auch der Geldbeutel geschont wird”, sagt Brandstädter.
“Zu gut für die Tonne” sei sozusagen ein digitales Kochbuch für noch verwertbare Lebensmittelreste. Die Datenbank sei inzwischen gefüllt mit sehr vielen gut klingenden Rezepten, und könne an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden. So könnten zum Beispiel vegetarische oder glutenfreie Gerichte ausgewählt werden. Dazu gebe es Tipps zur Lagerung von Lebensmitteln. Eine hilfreiche und barrierefreie App, für die man nicht viele Daten freigeben muss, bilanziert die Expertin.
Die “NoWaste”-App hilft registrierten Nutzern wie eine digitale Speisekammer, den Kühlschrankinhalt zu verwalten. Man müsse allerdings darauf achten, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum korrekt eingetragen sei, um sich an der App orientieren zu können, warnt Brandstädter.