Einfach helfen

Über den Predigttext zum 13. Sonntag nach Trinitatis: Lukas 10,25-37

Predigttext
25 Und siehe, da stand ein Schriftgelehrter auf, versuchte ihn und sprach: Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe? 26 Er aber sprach zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du? 27 Er antwortete und sprach: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst“. 28 Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet; tu das, so wirst du leben. 29 Er aber wollte sich selbst rechtfertigen und sprach zu Jesus: Wer ist denn mein Nächster? 30 Da antwortete Jesus und sprach: Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber; die zogen ihn aus und schlugen ihn und machten sich davon und ließen ihn halb tot liegen. 31 Es traf sich aber, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er vorüber. 32 Desgleichen auch ein Levit: Als er zu der Stelle kam und ihn sah, ging er vorüber. 33 Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam dahin; und als er ihn sah, jammerte er ihn; 34 und er ging zu ihm, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie ihm, hob ihn auf sein Tier und brachte ihn in eine Herberge und pflegte ihn. 35 Am nächsten Tag zog er zwei Silbergroschen heraus, gab sie dem Wirt und sprach: Pflege ihn; und wenn du mehr ausgibst, will ich dir‘s bezahlen, wenn ich wiederkomme. 36 Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste gewesen dem, der unter die Räuber gefallen war? 37 Er sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm tat. Da sprach Jesus zu ihm: So geh hin und tu desgleichen!

Was für ein schöner Text über Nächstenliebe. Ich frage mich: Bin ich eigentlich jemand, der Nächstenliebe praktiziert?

Na gut, mir fallen ein paar Situationen ein… Ab und an gebe ich Obdachlosen in der Fußgängerzone etwas Geld oder kaufe ein Brötchen. Und ich spende an die Tafel. Einmal habe ich eine senil wirkende, ältere Dame nach Hause gebracht.

Dann kommt mir in den Sinn, dass ich mal an Silvester eine Spende an Brot statt Böller überwiesen habe. Danach habe ich erstens die Spendenquittung bei der Steuer eingereicht und zweitens einen Screenshot der Überweisung in meinem Messenger-Status gepostet.

Eigene Hilfe zur Schau stellen

Okay, den bewusst herbeigeführten finanziellen Vorteil räume ich ein – und dann dauerte es auch nur wenige Minuten, bis mich jemand fragte, warum ich mit dem Post angeben würde.

Das hat mich nachdenklich gemacht. Ich fühlte mich ertappt. Wollte ich mein Hilfehandeln zur Schau stellen? Wenigstens unterbewusst? Schon fühlte ich mich als „Gutmensch” –  in der leider sehr verbreiteten, ironisch-abwertenden Bedeutung.

Am Gleichnis vom barmherzigen Samariter beeindruckt mich das selbstlose Handeln des zufällig Vorbeireisenden. Keine Spur von Angeben. Keine Berechnung. Nicht einmal einen Steuervorteil erhofft er sich von seiner bedeutsamen, weil möglicherweise lebensrettenden Tat. Was ein Kontrast zu meiner öffentlich geteilten, lächerlichen Zehn-Euro-Spende zu Silvester…

„Ausgerechnet auf meinem Weg liegt da jemand”, könnte der Samariter sich ärgern. Tut er aber nicht. Und er fragt auch nicht nach Herkunft, Ethnie, Sprache, Beruf, Geruch, spontaner Sympathie oder sonst irgendeiner Kategorie.

Nein, der Samariter versorgt den Überfallenen „einfach so” durch eine Art Erste Hilfe am Unfallort. Er bringt ihn in eine sichere Herberge, bezahlt sogar die Unkosten bis zur Genesung.

Umgehende und nachhaltige Hilfe

Er investiert sich also mit Zeit und Geld. Ist dabei sehr selbstlos und wohl kaum berechnend. Er profiliert sich auch nicht, allenfalls der Wirt der Unterkunft könnte das Handeln anerkennend zur Kenntnis genommen haben.

Mein Faktencheck ergibt: Der Samariter handelt sehr authentisch. Kein bisschen Gutmenschentum.

Im Gleichnis fällt noch auf: Der Samariter wählt nicht aus und wägt nicht ab. Er sieht die Hilfsbedürftigkeit, auf die er so unvermittelt trifft – und lindert sie umgehend und nachhaltig. Dem Samariter wird der überfallene Mann von den Räubern vor die Füße und von Gott ans Herz gelegt. So wurde er ihm zum Nächsten.

Ich denke zurück an meine Zehn-Euro-Überweisung. Zwar kommt sie mir etwas knausrig vor. Aber angeben? Nein – ich wollte anregen: andere motivieren, das auch so zu machen.

Die Geschichte des Samariters zeigt mir: Hilfsbereitschaft ist nicht bewertbar. Vielmehr ist im menschlichen Miteinander die Nächstenliebe von Gott bereits angelegt und auferlegt.

Deshalb legt Gott uns manchmal ein Thema oder einen Mitmenschen direkt ans Herz. So wird mir eine Person zum Nächsten. Und das sollte niemand mit menschlichen Maßstäben messen oder zu überprüfen versuchen – und schon gar nicht bewerten.