Eine Kraft zwischen Leben und Tod

Leben und Sterben sind das Thema des Bilderzyklus des Malers Uwe Appold. Zu sehen sind die Werke in der Marktkirche Hannover, bevor sie auf Wanderschaft gehen.

„Unser Retter der Tod“ ist der Titel eines Bildes, das der Künstler Uwe Appold aus schwarzem Ostseesand gemalt hat
„Unser Retter der Tod“ ist der Titel eines Bildes, das der Künstler Uwe Appold aus schwarzem Ostseesand gemalt hatSven Kriszio

Hannover. „Es ist, als hebe sich der Schleier und man schaue in eine andere Welt“, sagt Marc Blessing über die Bilder, die seit einigen Tagen in der Marktkirche in Hannover zu sehen sind. Es brauche Mut, sich auf sie einzulassen, so der neue Citykirchenpastor weiter. Doch genau das ist die Hoffnung der Ausstellungsmacher und des Malers Uwe Appold, von dem die 20 Werke aus schwarzem Sand und Acryl stammen. Sein Bilderzyklus soll Raum zur Auseinandersetzung mit dem Tod eröffnen.

„Vor einigen Jahren begann ich, mich mit dem Alter zu beschäftigen. Da fragte ich mich, wie ich Abschied nehmen und sterben kann“, sagt der Künstler bei der Ausstellungseröffnung. Zu Hilfe kamen dem heute annähernd 80-jährigen Künstler 60 Gedichte von Walther von der Vogelweide über Erich Fried und Friederike Mayröcker bis hin zu Rose Ausländer. Ihr Gedicht gab der Ausstellung ihren Titel: „…noch bist du da“.

„Gedichte sind wie Kraftwerke“

In diesem Prozess sei er zum „Moderator zwischen Lyrik und Farbe“ geworden, erzählt Appold, der in Wilhelmshaven geboren wurde. „Gedichte sind wie Kraftwerke für mich, sie geben eine starke Energie ab.“ So habe er in ihnen die Liebe als verbindende Kraft zwischen Leben und Tod entdeckt. „Sie reicht sogar bis in den Tod hinein“, ist der Künstler überzeugt. 20 Bilder sind bis Anfang des Jahres entstanden, jedes korrespondiert mit einem Gedicht, das ebenfalls vorgestellt wird.

Ein schwieriges Thema

„Unser Retter der Tod“ heißt eines der Bilder nach einem Gedicht von Friedrich Gottlieb Klopstock, das die Endlichkeit des Lebens thematisiert. Appold malt dazu grau-schimmernde Hindernisse und weiß-schillernden Dunst, durch den hindurch der Blick in eine blaue Ferne gezogen wird. Der Untergrund ist aus schwarz gefärbtem Ostseesand, Material und Farbe, die Uwe Appold besonders liebt, wie er sagt. „Für mich ist schwarz die Farbe des Lebens.“

Katharina Rogge-Balke vom Haus kirchlicher Dienste in Hannover hat die Ausstellung als Wanderausstellung initiiert. „Tod und Sterben sind schwierige Themen“, sagt Rogge-Balke. Doch viele Menschen hätten dazu viele Fragen und großen Gesprächsbedarf.“ Die Ausstellung, zu der ein umfangreiches Begleitprogramm erstellt wurde, soll dazu Raum geben. Rogge-Balke hofft, dass an vielen Orten Menschen unterschiedlichen Alters und verschiedener Glaubensrichtungen ins Gespräch kommen. Die Ausstellung könne auch eine Möglichkeit zur gesellschaftlichen Verarbeitung der Pandemie sein, sagt Rogge-Balke.

Grundlegende Fragen

Gesellschaftlichen Gesprächsbedarf sieht hier auch der Künstler Uwe Appold. „Wir haben uns durch Corona verändert“, bilanziert er. „Menschen haben sich voneinander zurückgezogen, unsere Kinder sind ängstlich geworden und viele, die sich von ihren sterbenden Angehörigen in Heimen oder Kliniken nicht verabschieden durften, sind noch immer traumatisiert.“

Als Impuls sieht Stephanie Springer, Präsidentin des Landeskirchenamtes Hannover und Schirmherrin, die Ausstellung, Sie könne den scheinbaren Gegensatz von Leben und Sterben überwinden, sagt Springer. „Zu unserem Menschsein gehört es, sich mit den grundlegenden Fragen von Leben und Sterben auseinanderzusetzen“, so die Juristin weiter. Die Landeskirche wolle dazu anregen, das Sprechen einzuüben.

Gottesdienst zum Auftakt

Am Sonntag, 24. Oktober, laden die Veranstalter um 10 Uhr zu einem Themengottesdienst in die Marktkirche in Hannover ein. Im Anschluss ab 11.30 Uhr bietet Uwe Appold einen generationsübergreifenden Mal-Workshop unter dem Titel „Erzähl mir deine Geschichte“ an. Anmeldungen sind unter rogge-balke@kirchliche-dienste.de möglich. Ein Impuls zum Abschiednehmen von Sterbenden steht am Montag, 25. Oktober, ab 17 Uhr auf dem Programm. Anmeldungen sind ebenfalls unter rogge-balke@kirchliche-dienste.de möglich. Nach Hannover soll die Ausstellung auch in Leer Buxtehude, Celle, Hildesheim und Osnabrück zu sehen sein. Ein vergleichbares Begleitprogramm wird dort ebenfalls angeboten.

Weitere Information zur Ausstellung und zu ihrem Programm finden sich hier.