“Eine Herz-Druck-Massage kann Leben retten”

Wer eine Herz-Druck-Massage gelernt hat, kann im Ernstfall Leben retten. Damit bereits Jugendliche helfen können, fordert der Notfall-Mediziner Andreas Hammerschmidt einen flächendeckenden Wiederbelebungsunterricht in Deutschland. „Es gibt eigentlich nur eine Sache, die man falsch machen kann, nämlich, dass man nichts tut“, sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Hammerschmidt ist Oberarzt der zentralen Notaufnahme am Agaplesion evangelischen Klinikum Schaumburg in Obernkirchen bei Stadthagen und zweiter Vorsitzender der Ärztegewerkschaft Marburger Bund in Niedersachsen.

epd: Herr Hammerschmidt, warum ist Wiederbelebungsunterricht an Schulen sinnvoll?

Andreas Hammerschmidt: Durch diesen Unterricht kann die Reanimationsquote von Laien deutlich gesteigert werden. Laien – also Menschen, die nicht im medizinischen Bereich arbeiten oder dort ausgebildet sind – leisten viel durch Reanimation. Eine Herz-Druck-Massage auszuführen, noch bevor der Rettungsdienst kommt, trägt erheblich dazu bei, Menschenleben zu retten. Je früher wir Menschen dazu befähigen, desto besser – also sollten wir im Schulalter anfangen.

epd: Welche Erfahrungen gibt es mit Wiederbelebungsunterricht im benachbarten Ausland?

Hammerschmidt: Wir wissen, dass Wiederbelebungsunterricht eine große Wirkung hat und in den europäischen Nachbarländern fruchtet. In Dänemark ist er für Schulkinder gesetzlich vorgeschrieben. Seitdem hat sich die Überlebensrate bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand deutlich erhöht. 2020 waren es bis zu 60 Prozent. In den Niederlanden liegt die Laien-Reanimationsquote bei über 70 Prozent. In Deutschland sind wir noch schlecht, hier gibt es nur in 40 Prozent der Fälle eine Herz-Druck-Massage vor dem Eintreffen des Rettungsdienstes. Das ist zu wenig. Die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert bereits seit 2015, dass ab Klasse sieben jährlich zwei Stunden Wiederbelebung gelehrt werden.

epd: Was fordert der Marburger Bund für Deutschland?

Hammerschmidt: Wir fordern die Kultusminister auf, dass Wiederbelebungsunterricht analog zu den WHO-Vorschlägen in allen Bundesländern verpflichtend und flächendeckend für zwei Stunden im Schuljahr ab Klasse sieben eingeführt wird. In Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern ist das schon länger umgesetzt. Schleswig-Holstein, Bayern und Thüringen arbeiten an der flächendeckenden Umsetzung. In Niedersachsen steht das noch aus. Durch die Einführung des Unterrichtes könnten wir schätzungsweise zehntausend Menschenleben pro Jahr retten.