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Eine Frau ohne guten Ruf

Gott schreibt Geschichte mit fehlbaren Menschen. Gedanken zum Predigttext am 17. Sonntag nach Trinitatis. Von Leopold Esselbach

Predigttext am 17. Sonntag nach Trinitatis: Josua 2,1–21

Josua aber, der Sohn Nuns, sandte von Schittim zwei Männer heimlich als Kundschafter aus und sagte ihnen: Geht hin, seht das Land an, auch Jericho. Die gingen hin und kamen in das Haus einer Hure, die hieß Rahab, und kehrten dort ein. Da wurde dem König von Jericho angesagt: Siehe, es sind in dieser Nacht Männer von den Israeliten hereingekommen, um das Land zu erkunden. Da sandte der König von Jericho zu Rahab und ließ ihr sagen: Gib die Männer heraus, die zu dir in dein Haus gekommen sind; denn sie sind gekommen, um das ganze Land zu erkunden. Aber die Frau nahm die beiden Männer und verbarg sie. Und ehe die Männer sich schlafen legten, stieg Rahab zu ihnen hinauf auf das Dach und sprach zu ihnen: Ich weiß, dass der Herr euch das Land gegeben hat; Und seitdem wir das gehört haben, ist unser Herz verzagt und es wagt keiner mehr, vor euch zu atmen; denn der Herr, euer Gott, ist Gott oben im Himmel und unten auf Erden. So schwört mir nun bei dem Herr, weil ich an euch Barmherzigkeit getan habe, dass auch ihr an meines Vaters Hause Barmherzigkeit tut, und gebt mir ein sicheres Zeichen, dass ihr leben lasst meinen Vater, meine Mutter, meine Brüder und meine Schwestern und alles, was sie haben, und uns vom Tode errettet. Die Männer sprachen zu ihr: Tun wir nicht Barmherzigkeit und Treue an dir, wenn uns der Herr das Land gibt, so wollen wir selbst des Todes sein, sofern du unsere Sache nicht verrätst. Sie sprach: Es sei, wie ihr sagt!, und ließ sie gehen. Und sie gingen weg. Und sie knüpfte das rote Seil ins Fenster (Verse in Auswahl).

Von Leopold Esselbach Ich mag mir das Gemetzel nicht vorstellen. Als die Israeliten die Stadt Jericho erobert haben, töten sie alles, was Odem hat, nicht nur Männer, sondern auch Frauen und Kinder, dazu Rinder, Schafe und Esel. So steht es in Josua, Kapitel 6, Vers 21. Und sie tun es im Namen Gottes, von dem auch die Zehn Gebote stammen mit der klaren Ansage: Du sollst nicht töten! Doch im 5. Buch Mose, Kapitel 20 wird befohlen, wie Krieg geführt werden soll. Spielt sonst das Verhalten der Angegriffenen eine Rolle und bleiben Frauen und Kinder verschont, so soll bei Eroberungen im Westjordanland alles Lebendige getötet und aller Besitz verbrannt werden. Als später ein Israelit aus der Beute einen Mantel für sich behielt, war das ein todeswürdiges Verbrechen. Für uns ist das unbegreiflich. Gibt es dafür eine Erklärung?Es handelt sich um das Land, das Jahwe seinem Volk verheißen hat, nachdem er es aus Ägypten herausgeführt hatte. Dort sollen sie die bisherigen Bewohner und deren Eigentum vernichten, „damit sie euch nicht lehren, all die Gräuel zu tun, die sie im Dienst ihrer Götter treiben“ (5. Mose 20,18). Selbst wenn es dabei Menschenopfer und sexuelle Orgien gegeben hat, wirkt das Vernichtungsgebot übertrieben. Wir können nur vermuten, dass damit auch der Besitz des Landes abgesichert werden sollte. Im östlichen Mittelmeerraum war bewohnbares Land wegen zahlreicher Wüstengebiete bereits vor 3000 und mehr Jahren umkämpft.

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