Ein weihnachtlicher Frühstart

Der erste Advent wird in vier Wochen gefeiert, aber vor dem Ratzeburger Kreishaus steht schon eine Tanne – sehr zum Ärger der Nordkirche. Doch die Ratzeburger wissen den Frühstart zu begründen.

Bereits seit Anfang November schmückt eine Tanne den Ratzeburger Marktplatz
Bereits seit Anfang November schmückt eine Tanne den Ratzeburger MarktplatzThomas Biller

Ratzeburg. 12,5 Meter ist die Nordmanntanne hoch, die den Marktplatz schmückt – so wie in jedem Jahr. Sie ist eine private Spende aus dem Ort Sterley. „Wir mussten aus technischen Gründen die Tanne schon jetzt aufstellen, da auch der Aufbau der Eisbahn beginnt“, erklärt Holger Rickert-Buttgereit von den Ratzeburger Wirtschaftsbetrieben den frühen Zeitpunkt. „Ansonsten wären wir mit einem normalen Kran nicht mehr hingekommen.“ Dies sei aber schon seit drei Jahren der Fall, seit es die Eisbahn gäbe. Auch der Weihnachtsschmuck und die Lichterketten des Baumes werden in den nächsten Tagen installiert, ebenso die weihnachtliche Straßenbeleuchtung. 
Dies sorgt für Diskussionen, nicht nur bei den Passanten. Pastor Stefan Döbler, Sprecher der Nordkirche, kritisiert, dass vielerorts bereits im November die Vorweihnachtszeit eingeläutet werde. „Zur Vorfreude gehört nach christlichem Verständnis das Warten. Das fällt nicht immer leicht, auch mir als Christ nicht.“ Aber worauf sollte man sich noch freuen, wenn Orte schon mitten im November weihnachtlich dekoriert würden und sogar Weihnachtsmärkte öffneten, wenn alles immer gleich präsent, verfügbar ist – und damit irgendwann beliebig wird?“ meint er. Weil in diesem Jahr Heiligabend auf den 4. Advent fällt, ist die Adventszeit besonders kurz. Das kann für Geschäftsleute ein Nachteil sein. Doch: „Dass die Länge dieser Zeit in Abhängigkeit von den Feiertagen schwankt, erleben wir alle Jahre wieder,“  so Döbler. 

Eine Frage des Glaubens

„Es ist keine Seltenheit, dass sich Gemeinden bereits Anfang November große Bäume liefern lassen“, erklärt Christian von Burgsdorff, Produzent von Tannenbäumen auf Gut Dobersdorf bei Kiel. Beispielsweise auf vielen Weihnachtsmärkten sei dies aus Platzgründen nötig. 
Das Aufstellen eines immergrünen Baums geht auf einen heidnischen Brauch zurück. „Wann eine dekorative Tanne zu einem Christbaum wird, entscheidet ohnehin der Glaube“, meint Pröpstin Frauke Eiben aus dem Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg versöhnlich. Dennoch ist der Anblick der Tanne vielen ein Dorn im Auge – vor der kommenden Friedendekade, dem Volkstrauertag, Buß- und Bettag und dem Ewigkeitssonntag. Stefan Döbler erinnert daran, dass „seit Jahrhunderten diese Stille Zeit eine Zeit des Nachdenkens über Werden und Vergehen, Abschied und Trauer, Buße und Neuanfang ist“.

Ärger über Vorwürfe

Holger Rickert-Buttgereit betont, dass die Beleuchtung der Ratzeburger Weihnachtstanne erst nach dem Ewigkeitssonntag am 26. November eingeschaltet werde. „Darauf haben wir in den vergangenen zehn Jahren immer geachtet, und das wird auch in diesem Jahr der Fall sein“, sagt er. 
Er ärgert sich daher über die Vorwürfe. „Unsere Stadt bildet keine Ausnahme“, sagt er. Nicht Kommerz sei der Grund dafür, dass die Tanne schon stehe, sondern technische. „Andernfalls wären die Kosten immens hoch und dem Steuerzahler nicht mehr zuzumuten.“