Ein Schauspiel rund um die Reformation in Mecklenburg

Wer hätte gedacht, dass das beschauliche Stavenhagen vielleicht eine wichtige Rolle während der Reformation in Mecklenburg gespielt hat? Von dort aus verfasste Herzog Heinrich V. einen entscheidenden Brief. Dazu führen die Stavenhagener ein Theaterstück auf – und zwar up platt.

Szene aus einer Probe
Szene aus einer ProbeSophie Ludewig

Stavenhagen. Herzog Heinrich V. läuft auf der Bühne auf und ab. Er ist empört. Da wird in seinen Landen doch tatsächlich noch an Hexen geglaubt! Dabei soll doch jetzt die Reformation in Mecklenburg Einzug halten, der alte Aberglaube endlich überwunden werden. Heinrich sucht sich Hilfe. In Braunschweig hatte er vor kurzem so einen guten reformatorischen Prediger gehört, Johannes Riebling. Den will der Herzog nach Mecklenburg einladen, damit er ihm das neue Kirchenwesen ordne und die Leute endlich zur Vernunft bringe.
So haben ihm die „Stemhäger Lüd“ die Augen geöffnet, erzählt das musikalische Theaterstück „Häuhnerglowen un Düwelstüg“ (Aberglauben und Teufelszeug) von Cornelia Nenz. Bei ihren Recherchen zur Stadtgeschichte hatte die ehemalige Direktorin des Fritz-Reuter-Literaturmuseums einen Brief von Heinrich V. von Mecklenburg aus dem Jahr 1537 gefunden, worin der Herzog die Stadt Braunschweig bat, ihm ihren Prediger Johannes Riebling zu schicken, damit dieser als Superintendent den in Braunschweig bereits etablierten protestantischen Glauben auch in Mecklenburg voranbringen könne. Johannes Riebling kam tatsächlich in den hohen Norden und wirkte als erster evangelischer Superintendent in Parchim. Dort verfasste er eine neue Kirchenordnung und reiste zur Förderung dieser durch das ganze Land.

Zum Missionieren nach Stavenhagen

Wieso war Herzog Heinrich aber nun überhaupt in Stavenhagen? „Damals sind die hohen Herren ja immer mal wieder durch ihr Land gezogen“, erklärt Cornelia Nenz, „und als Heinrich 1537 auf dem Weg zu Tochter und Schwiegersohn war, machte er hier Zwischenhalt.“ Was ihm dort begegnet sein soll, ist zwar der Fantasie von Cornelia Nenz entsprungen, fußt aber zum Teil auf realen Begebenheiten. In ihrem Stück wird eine heilkundige Hebamme, Anna Hagemester, von einer neidischen Nachbarin der Hexerei angeklagt. In den meisten Fällen führte ein solcher Vorwurf im 16. und 17. Jahrhundert zum grausamen Tod des Beschuldigten. In „Häuhnerglowen un Düwelstüg“ geht die Geschichte allerdings gut aus und die Stavenhagener wollen dem Aufruf des Herzogs folgen, die Reformation in ihre Herzen aufzunehmen und den Aberglauben hinter sich zu lassen. 
Wo könnte man eine solche Botschaft besser verkünden als in einer Kirche? Das dachten sich auch Pastorin Melanie Dango und Cornelia Nenz, und so findet die Uraufführung des Theaterstücks am 30. Oktober um 19.30 Uhr in der Stadtkirche Stavenhagen statt. Das Stück in dem Gotteshaus aus dem 18. Jahrhundert zu präsentieren, ist für Cornelia Nenz eine ungewöhnliche Erfahrung: „Ich kenne ja sonst nur normale Bühnen, in einer Kirche habe ich noch nie etwas aufgeführt. Das hat hier schon eine ganz eigene Atmosphäre.“ Etwas ganz Eigenes hat die Aufführung auch deshalb, weil fast alle Dialoge und Lieder auf Plattdeutsch verfasst sind. Für Cornelia Nenz lag diese Entscheidung nahe, denn „Plattdeutsch gehört einfach zu unserer Region dazu“.

Begeisterung fürs Plattdeutsche

Das sehen die etwa 25 Darsteller genauso. Für Renate Drefahl, die als Anna Hagemester auftritt, waren die plattdeutschen Texte von Anfang an kein Problem, denn sie hat die Sprache einst von ihrer Oma auf dem Dorf bei Röbel gelernt. „Nähmt mi’t nich öwel, ick kam ut Röwel – so haben wir früher zu Hause immer gesagt“, erzählt sie lachend. Mit Plattdeutsch ist auch Jürgen Witt aufgewachsen, allerdings mit der in Schleswig gesprochenen Variante. Er verkörpert den friedfertigen Herzog Heinrich. Erst vor kurzem ist Jürgen Witt von Kiel in die Reuterstadt umgezogen, fühle sich dort aber inzwischen, auch dank der guten Stimmung in der Theatergruppe, richtig wohl. Nur eines wurmt ihn noch ein bisschen: Dass er das Meckelbörger Platt trotz der vielen Proben immer noch nicht ganz „fehlerfrei“ beherrscht.
„Neulich habe ich mich mit jemandem auf Platt unterhalten und schon nach kurzer Zeit wurde mir gesagt: Du büst äwer nich vun hier! Dabei hatte ich mir solche Mühe gegeben, wie ein Mecklenburger und nicht wie ein Schleswiger zu klingen“, sagt der 63-Jährige schmunzelnd. Für viele der Mitspieler ist das Stück auch eine Gelegenheit, ihre alten Sprachkenntnisse wiederaufzufrischen. So auch für Jens Voß, der den Kirchenherrn Johann Parrmann darstellt. Auch er hatte Plattdütsch bei seiner Großmutter gelernt, doch später fast völlig vergessen. Durch das Theaterstück sei die Begeisterung aber wieder aufgeblüht und nun will Jens Voß den nächsten Schritt wagen: „Vielleicht lese ich jetzt mal wieder was von Fritz Reuter!“
WAS: musikalisches Theaterstück „Häuhnerglowen un Düwelstüg“
WANN: am Montag, 30. Oktober, um 19.30 Uhr
WO: in der Stadtkirche Stavenhagen