Ein Projekt, das sich bewährt hat

Drei Leergut-Beauftragte sammeln am Flughafen Hamburg Flaschen, als Angestellte von Hinz & Kunzt. Die Bilanz nach einem Jahr: etwa 80.000 Euro Pfand und ein Beitrag für die Umwelt.

Uwe Tröger arbeitet als Leergut-Beauftragter am Flughafen
Uwe Tröger arbeitet als Leergut-Beauftragter am FlughafenTimo Teggatz

Hamburg. Der Mann ist im Stress. Uwe Tröger läuft auf eine große durchsichtige Tonne zu und erkennt auf einen Blick, dass sie ausgewechselt werden muss. Mehr als hundert Pfandflaschen stapeln sich in dem etwa ein Meter hohen Behälter, viel mehr passt da nicht mehr rein. Also hievt der 49-Jährige die Tonne auf seine Sackkarre und schiebt sie den ganzen Weg bis zu seinem Lager – quer über den Hamburger Flughafen, vorbei an Geschäftsleuten in Anzügen und Urlaubern in kurzen Hosen.
Uwe Tröger arbeitet zusammen mit zwei Kollegen im Schichtdienst als professioneller Flaschensammler am Airport. Angestellt ist das Trio beim Straßenmagazin Hinz & Kunzt, das sie nach dem Tarifvertrag der Diakonie entlohnt. Seit genau einem Jahr schuften die Leergut-Beauftragten am Flughafen. Damals hatten sich Hinz & Kunzt und der Flughafen darauf geeinigt, eine Idee von Studenten der Universität Hohenheim in Baden-Württemberg zu übernehmen. Seitdem stehen acht große Tonnen mit der Aufschrift „Spende dein Pfand“ am Flughafen, die Uwe Tröger und Kollegen entleeren. Der Erlös kommt der Initiative zugute.

350.000 Flaschen gesammelt

Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter bei Hinz & Kunzt, zieht eine positive Bilanz: „Das Projekt hat sich sehr gut bewährt“, sagt er zufrieden. Zum einen seien drei ehemalige Obdachlose in Lohn und Brot gekommen, zum anderen leiste die Aktion einen Beitrag zum Umweltschutz. Denn in den vergangenen zwölf Monaten sammelten die Leergut-Beauftragten des Flughafens etwa 350.000 Flaschen ein, schätzt Karrenbauer. Das brachte ungefähr 80.000 Euro Pfand, womit Hinz & Kunzt das Projekt nicht komplett finanzieren könne, so Karrenbauer. Den Rest gibt das Straßenmagazin dazu.
Der Flughafen stellt den Flaschensammlern kostenlos ein etwa 300 Quadratmeter großes Lager und ein Büro zur Verfügung. Auch die Tonnen zum Stückpreis von etwa 1200 Euro hat der Flughafen gekauft. „Das ist eine großartige Erfolgsgeschichte“, freut sich Johannes Scharnberg, Leiter des Geschäftsbereichs Aviation am Hamburg Airport. Mittelfristig solle eine halbe Stelle dazukommen.
Mit dem Projekt nahm vor einem Jahr ein Streit zwischen dem Flughafen und Hinz & Kunzt doch noch ein gutes Ende. Etwa ein halbes Jahr zuvor war bekannt geworden, dass der Flughafen im Jahr 2014 gegen Flaschensammler am Airport 97 Strafanzeigen gestellt hatte, weil sie das Hausverbot missachtet hatten. Hinz & Kunzt startete darauf eine Online-Petition – mit Erfolg. Unter bestimmten Bedingungen durften am Flughafen wieder Flaschen gesammelt werden. Das ist auch heute noch erlaubt. Ausnahme sind die acht großen Tonnen, die nur die Leergut-Beauftragten entleeren dürfen.

Andere Flughäfen interessiert

Diese Tonnen holen Uwe Tröger und Kollegen regelmäßig ab, sortieren sie und füllen sie in große Säcke, die Mitarbeiter des „Grünen Punkts“ einsammeln. Im Winter kommt pro Tag nur ein Sack mit etwa 400 Flaschen zusammen, im Sommer seien es schon mal vier Säcke, erzählt Tröger. Trotz des großen Aufwands sagt er, dass ihm die Arbeit am Flughafen viel Spaß mache.
Auch andere Städte zeigen inzwischen Interesse am Hamburger Flaschenprojekt. Mitarbeiter der Flughäfen aus Bremen und Berlin-Tegel haben sich neulich bei Karrenbauer informiert. Trotz des Erfolges möchte er die Initiative nicht an weiteren Orten in Hamburg starten, etwa am Hauptbahnhof. „Man darf anderen Flaschensammlern nicht das Wasser abgraben“, sagt der Sozialarbeiter.