Ein musikalisches Erbe

Die Stralsunder Altstadt beherbergt mit ihren drei monumentalen Orgeln einen Schatz. Zu hören sind sie in Gottesdiensten – aber auch in mehr als 50 Konzerten in diesem Sommer.

Ein Prachtexemplar: die Orgel in St. Jacobi Stralsund
Ein Prachtexemplar: die Orgel in St. Jacobi StralsundBernd Müllejans

Stralsund. „Orgelstadt Stralsund“ – schon lange träumten viele Stralsunderinnen und Stralsunder von dieser Vision. Im Angesicht dreier historischer Monumentalorgeln in den Hauptkirchen St. Nikolai, St. Marien und St. Jakobi ist dieses Wort auch nicht zu hoch gegriffen. Es gibt wohl kaum eine andere Stadt in Deutschland und Europa, in der so bedeutsame Instrumente auf so engem Raum zu finden sind – spätestens, seit im September 2020 die Arbeiten an der Orgel in St. Jakobi beendet wurden.

Die Stellwagen-Orgel von 1659, die Buchholz-Orgel von 1841 und die Wegscheider-Orgel von 2020 ermöglichen eine authentische Darstellung fast aller Stilrichtungen der Orgelmusik. Nun startet die „Orgelstadt“ in eine prall gefüllte Konzertsaison – in dem Jahr, in dem Stralsund gemeinsam mit Wismar „20 Jahre Unesco-Weltkulturerbe“ feiert.

Premiere für Stralsund

Mit einem „fulminanten Konzert“ werde am Montag,  6. Juni, in der Stralsunder Nikolaikirche der Reigen der sommerlichen Konzerte eröffnet, sagt Johannes Pilgrim, der sich in St. Nikolai um die Pressearbeit kümmert. Das junge „Europäische Hanse-Ensemble“ gastiert im Rahmen von „20 Jahre Welterbe Stralsund und Wismar“ Pfingstmontag um 17 Uhr zum ersten Mal in Stralsund und nimmt sein Publikum in einem musikalischen „Städteporträt Stralsund“ mit in die glanzvolle Zeit der Hanse.

Noten aufbereitet

Die Werke der Komponisten um 1600 seien zu einem großen Teil erhalten. „Leider spielen Namen wie Eucharius Hoffmann, Johann Vierdanck oder Caspar Movius im heutigen Konzertbetrieb fast keine Rolle mehr“, bedauert Pilgrim. Dennoch spiegelten sie die Vielfalt der europäischen Musikkultur der Zeit in ihrer ganzen stilistischen Breite wider.

„Wir wollen das musikalische Erbe der Hansezeit wieder zugänglich machen“, sagt Manfred Cordes, der sich der Wiederbelebung alter Musik verschrieben und für dieses Konzertprogramm regelrechte Pionier- und Archivarbeit geleistet hat. Denn größtenteils spielen die Musikerinnen und Musiker aus Notenmaterial, das Cordes eigens für das Ensemble aufbereitet hat.

Goldbug / Pixabay

Der Initiator und künstlerische Leiter ist ein international anerkannter Spezialist für die Musik des 16. und 17. Jahrhunderts. Neben Vokalsolisten ist auch das um 1600 verwendete Instrumentarium zu hören: Zinken, Barockviolinen und -posaunen in alter Mensur, Viola da gamba, Chitarrone und Orgel.

Konzerte jeden Mittwoch

Nur zwei Tage später, am 8. Juni, erfolgt bereits der Startschuss zu den Mittwochsorgelkonzerten, die in allen drei großen Kirchen stattfinden werden und einheitlich um 19 Uhr starten. Dabei sitzen teilweise die Gastgeber-Kantoren Martin Rost und Matthias Pech an den Orgeln, aber sie haben sich auch wieder internationale Gäste unter anderem aus Dänemark, Schweden, Uruguay und Polen eingeladen. So kommt am 15. Juni Bine-Katrine Bryndorf aus Roskilde in Dänemark und gibt ein Konzert in St. Jakobi; am 3. August kommt Malgorzata Klorek aus Polen nach St. Nikolai; am 31. August Thomas Ospital aus Paris zum Konzert nach St. Marien.

Erneuter Höhepunkt sind die Orgeltage­, die alle zwei Jahre stattfinden – in diesem Jahr vom 18. bis 25. September. Mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 bis 1847) und dem Hamburger Komponisten und Pianisten Christian Friedrich Gottlieb Schwencke (1767 bis 1822), der Solistin Anika Egbert, dem Bachchor und Matthias Pech an der Wegscheider-Orgel werden die Orgeltage in der Jakobi-Kirche eröffnet.

Orgelnacht zum Abschluss

Unter dem Motto „Back in time“ findet am 23. September die traditionelle Orgelnacht statt: In St. Nikolai präsentiert der Kirchenmusiker und Komponist Werner Parecker zeitgenössische Musik an der Buchholz-Orgel. Anschließend wird in St. Jakobi­ Barockmusik zu hören sein. Den Abschluss der Orgelnacht bildet Kantor Martin Rost an der Stellwagen-Orgel in St. Marien mit Werken aus der frühen Gotik und der Renaissance.

Und außerdem gebe es da ja auch noch die „Blumen am Wegesrand“, erinnert Johannes Pilgrim: So gastieren am 1. Juli um 19 Uhr unter dem Titel „Hope und Sax“ der Geiger Daniel Hope und das Signum Saxofonquartett im Rahmen der „Festspiele Mecklenburg-Vorpommern“ in der Nikolaikirche.

Ein anderer musikalischer Höhepunkt stehe – ebenfalls in der Nikolaikirche – am 2. September mit einem Konzert von „Maybebob“ auf dem Programm, so Pilgrim. Dabei handele es sind um vier Leute, die nur ihr Mikrofon haben, sie selbst sind die Instrumente. „Das ist a capella auf Weltklasseniveau.“

Nicht unerwähnt lassen möchte Johannes Pilgrim, dass die Stadt Stralsund die Veranstaltungsreihe finanziell mit 20 000 Euro unterstützt.

Info
Tickets können bei der Tourismuszentrale Stralsund, online und an der Abendkasse erworben werden. Das Europäische Hanse-Ensemble gastiert am Pfingstsonntag auch in Wismar um 17 Uhr in St. Nikolai.