Ein Mann mit klarer Haltung – auch zu DDR-Zeiten

Als Landesbischof lehnte er jeden Kontakt zu SED und Staatssicherheit ab, nach der Wende führte er die Kirche in ruhiges Fahrwasser. Jetzt wird Christoph Stier 80 Jahre alt.

Christoph Stier während seiner Zeit als Landessuperintendent in Neustrelitz von 1996-2004
Christoph Stier während seiner Zeit als Landessuperintendent in Neustrelitz von 1996-2004Archiv

Rostock. Die Nordkirche hat dem Mecklenburger Altbischof Christoph Stier zu seinem heutigen 80. Geburtstag gratuliert. Im Namen der Nordkirche danke sie Stier „herzlich für sein überzeugendes und wahrhaftiges Zeugnis als Christ in der DDR“, sagte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt. In der Wendezeit habe er in einer neuen und unübersichtlichen Situation die Kirche „mit vollem Einsatz und im Vertrauen auf Gottes Wort in ruhiges Gewässer geführt“. Der gebürtige Magdeburger, der heute in Rostock lebt, war von 1984 bis 1996 Landesbischof der damaligen Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs.

Tilman Jeremias, Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern: „Ich habe Christoph Stier immer für seine zurückhaltende, kluge Art geschätzt. Als Landesbischof bezog er seine Kraft und Orientierung aus Gebet und Kontemplation.“ Geistliches Leben sei für Stier die Basis kirchlichen Handelns. Das zeige sich auch in seinem Engagement für das „Haus der Stille“ in Bellin bei Güstrow.

Mitarbeiter geschützt

Ein gemeinsames Gratulationsschreiben von Bischof Jeremias und dem mecklenburgischen Kirchenkreis würdigt die integre Haltung von Christoph Stier zu DDR-Zeiten. Stier habe jeden Kontakt von Kirchenleuten zu SED und Staatssicherheitsdienst abgelehnt. „In den Jahren der DDR haben Sie den klaren Kurs ihres Vorgängers Dr. Heinrich Rathke gegenüber dem SED-Staat fortgesetzt“, heißt es in dem Schreiben. „Sie haben Ihre Mitarbeitenden geschützt und wesentlich dazu beigetragen, dass Kirche im Osten bis heute für viele als Raum der Freiheit verstanden wird.“

Mutig gehandelt

Der frühere Landesbischof habe besonnen und mutig in den Wendejahren agiert, heißt es in dem Brief weiter. Auf seine Initiative hin habe die mecklenburgische Kirche als erste der östlichen Kirchen überprüft, ob Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kontakte zur Staatssicherheit gepflegt hatten. „Dass unsere Kirche heute in der demokratischen Gesellschaft angekommen ist und sich die beiden Kirchenkreise des Sprengels Mecklenburg und Pommern in der Nordkirche sogar beispielhaft in der Demokratiestärkung engagieren, ist wie so vieles, was in jenen Jahren auf gute Wege gekommen ist, auch Ihrem Leitungshandeln zu verdanken“

Christoph Stier hatte in Rostock evangelische Theologie studiert und dort als wissenschaftlicher Assistent gearbeitet. Ab 1970 war er Pastor im Rostocker Stadtteil Lütten Klein, bis er 1976 zum mecklenburgischen Landespastor für Weiterbildung und Akademiearbeit berufen wurde. Mit nur 43 Jahren wurde er 1984 zum Landesbischof gewählt.

Historischer Erklärung

Er gehörte nach der Wende dem Rat der EKD an. Von 1998 an war er für ein Jahrzehnt Vertreter des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Beirat der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. 1986 bis 1988 war er zudem Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der DDR. Das Protestantische Theologische Institut in Cluj (Rumänien) verlieh ihm 1999 die Ehrendoktorwürde. Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt als Landesbischof wirkte Stier bis zu seinem Ruhestand Ende Juli 2004 als Landessuperintendent des ostmecklenburgischen Kirchenkreises Stargard.

In diese Zeit falle ein Höhepunkt seiner Karriere, so die Greifswalder Bischofskanzlei. Für die IX. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Hongkong 1997 sei Christoph Stier maßgeblich daran beteiligt gewesen, die Gemeinsame Erklärung von katholischer und evangelischer Kirche zur Rechtfertigungslehre auf den Weg zu bringen. „Diese Erklärung ist das erste Dokument der Annäherung von katholischer und evangelischer Kirche nach der Reformation im 16. Jahrhundert.“ (epd)