Ein Landesbischof auf Marathon-Tour

Etwa 100 Gemeinden besucht Meister vor Ostern, um ihnen Kerzen zu schenken. 10.000 Kilometer legt er dafür zurück und erfährt, was die Menschen bewegt.

Unbeschwerter Moment: Landesbischof Ralf Meister in der ostfriesischen Kirchengemeinde Victorbur.
Unbeschwerter Moment: Landesbischof Ralf Meister in der ostfriesischen Kirchengemeinde Victorbur.Jens Schulze / Landeskirche Hannovers

Hannover/Victorbur. Es ist diese Momentaufnahme von seinem Besuch im ostfriesischen Victorbur, die dem Landesbischof zuerst einfällt. „Ein unvergessliches Bild bleibt mir in Erinnerung, als ich zusammen mit einigen Kindern Wunderkerzen als ‚Osterfunken‘ in der Kirche entzünden konnte“, sagt Ralf Meister. 100 Gemeinden besucht er in den sieben Wochen bis Ostern und schenkt den Menschen dort Osterkerzen. Er trifft Kinder und Senioren, feiert mit ihnen Andachten und erlebt berührende Momente.

Während seiner 20-tägigen „Kerzentour“ erfährt der Landesbischof, was die Menschen tief bewegt. „Ich höre viel von der Sehnsucht nach einer Zeit der ‚normalen‘ Begegnung“, sagt Meister. „Natürlich ist es belastend, dass so vieles immer noch nicht möglich ist. Und ich nehme deutlich Erschöpfung wahr.“ Die Pandemie sei eine einschneidende Erfahrung, so Meister. Umso mehr spüre er die Dankbarkeit für die kleine Geste des „Vorbeischauens“.

Viel Schmerz

Viele ältere Menschen seien von der Corona-Pandemie besonders betroffen, betont der Landesbischof. Manche erzählten ihm von dem Tod ihrer Angehörigen. „Es ist viel Schmerz darüber, wenn geliebte Menschen gestorben sind“, so Ralf Meister. Mitunter seien nur wenige Kontakte in der letzten Lebensphase möglich gewesen, und die Trauerfeier hätte in kleinem Kreis stattfinden müssen. „Alles das findet sich in den wenigen Minuten meiner Besuche. Doch die zeigen, wie tief die Erfahrungen sind, die schmerzlichen wie die tröstlichen, die wir in der Pandemie machen.“

Landesbischof Meister am Kofferraum seines Dienstwagens (Symbolbild)
Landesbischof Meister am Kofferraum seines Dienstwagens (Symbolbild)Jens Schulze / Landeskirche Hannovers

Umso mehr sei es von Bedeutung, dass Gemeinden in engem Kontakt mit den Menschen seien, sagt der Landesbischof. „Viele haben mir erzählt, wie wichtig es für sie ist, dass wir als Kirche für sie da sind.“ Viele tröste es, gemeinsam Gottesdienste zu feiern und in den vertrauten Kirchenräumen zusammenzukommen.

Wie im Zeitraffer nimmt Landesbischof Meister bei seiner Stippvisite auch Veränderungen im Gemeindeleben wahr. „Mir wird ganz viel erzählt, welche neuen Formen und Wege entstanden sind, um nah bei den Menschen zu sein.“

Schneller umgesetzt als gedacht

Von der Kreativität zeigt sich Meister beeindruckt. In der Digitalisierung liege eine große Chance. „Wir müssen schauen, dass die neuen Angebote weiter professionalisiert werden.“ Bisher seien digitale Kommunikationswege nicht ausreichend genutzt worden. „Das ist für mich ohnehin eine Erfahrung aus den zwölf Monaten: Bei vielen Initiativen und Projekten ist es möglich, sie viel schneller umzusetzen, als wir gedacht und es bisher getan haben.“

Zu den guten Erfahrungen gehöre auch, dass sich die Gemeinden neue Räume erschlossen hätten. „Viele Gottesdienste fanden im Außenbereich statt. Der Kirchenraum ist erweitert worden auf die Vorplätze, Gemeindewiesen, Pfarrgärten und zudem ins Internet. Wie unser ganzes Land ist auch unsere Kirche in vielen äußerlichen Dingen ganz anders als vor der Pandemie.“

Es gibt Hoffnung

Trotz aller Unsicherheit gebe es Hoffnung, ist der Landesbischof überzeugt. „Wenn wir im kleinsten Kreis in der Kirche zusammenkommen, verbindet uns das gesprochene Vaterunser und die Empfindung der Zusammengehörigkeit. Das ist alles so intensiv, wie ich es eigentlich so emotional nicht erwartet hatte.“