Ein Hospiz für Demmin

145 Ärzte in Demmin und Umgebung hat Renate Holznagel aufgesucht: Hausärzte, Urologen, Onkologen… „Drei Monate lang war ich unterwegs“, erinnert sich die 74-Jährige, die der pommerschen Kirchenkreissynode angehört und 20 Jahre CDU-Abgeordnete im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern war. Das Ziel ihrer „Tippel-Tappel-Tour“, wie sie es nennt: auszuloten, ob das, was sie und ein paar andere sich seit vielen Jahren erträumen, endlich eine Chance hat: ein stationäres Hospiz in Demmin (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte).

„Als meine Mutter im Sterben lag, war ich noch Abgeordnete im Landtag“, erzählt Renate Holznagel, die im Kuratorium des Demminer Trägerwerks Soziale Dienste arbeitet. „Ich konnte sie nicht pflegen. Sie lag im Krankenhaus, in einem Zimmer mit vier Personen, und hat sich dort sehr gequält.“ Seitdem steht für Renate Holznagel fest: Demmin braucht einen Ort, an dem Sterbende und Angehörige anders begleitet werden: persönlicher, würdevoller, mit viel mehr Zeit.

Die Demminer evangelische Kirchengemeinde unterstütze das Vorhaben, sagt Renate Holznagel, die sich dort als Kirchenälteste engagiert. Zehn bis 13 Plätze soll das Hospiz haben, ein Pflegeteam, Zimmer für Angehörige. „Die Räume sollen nicht nach Krankenhaus aussehen, sondern wohnlich“, sagt Jens Biederstädt, der als stellvertretender Geschäftsführer im Trägerwerk Soziale Dienste arbeitet und das Vorhaben unterstützt.

Auch Franziska Bluhm, Koordinatorin des Ambulanten Hospizdienstes in Demmin, hält ein stationäres Hospiz in der vorpommerschen Kleinstadt für nötig. „Das Demminer Krankenhaus hat keine Palliativstation“, erklärt sie. Zu Hause begleitet zu werden, sei nur wenigen möglich, und die nächsten Hospize lägen in Neubrandenburg und Neustrelitz, rund 70 bis 80 Kilometer entfernt. Für Menschen, die austherapiert sind, ein Riesenproblem. „Wir haben miterlebt, dass Sterbende ins Hospiz nach Neustrelitz mussten und dort weit weg waren von ihren Angehörigen“, erzählt sie. „Oder noch schlimmer: dass sie keinen Platz bekamen.“

Ein neues Hospiz zu bauen, sei aber nicht leicht, sagt Jens Biederstädt. „Man muss gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Bedarf nachweisen.“ Daher die vielen Arzt-Interviews, die Renate Holznagel geführt hat. Das Ergebnis dieser Ermittlung: Bis zu 450 Anfragen pro Jahr dürfte es geben. „Die Kassenärztliche Vereinigung hat das auf Herz und Nieren geprüft und uns im Dezember grünes Licht gegeben“, erzählt Biederstädt. Ein Meilenstein in der Vorbereitung.

Eine Hospiz GmbH beim Trägerwerk und eine gemeinnützige GmbH hat die Gruppe auch gegründet, um rechtlich sauber agieren zu können. Und das Grundstück gekauft: ein Gelände der Stadt mit Grün drumherum. Die nächste große Aufgabe ist das Finanzierungskonzept. Ein privater Spender habe eine größere Summe gegeben, damit werde man eine Stiftung gründen, erklärt Jens Biederstädt. Ähnlich wie der Ambulante Hospizdienst werde man aber auch Fördermittel und immer wieder Spenden brauchen.

Wann der Bau beginnen kann, ist noch offen. „Ursprünglich wollten wir dieses Jahr Eröffnung feiern“, sagt Renate Holznagel. Doch viele Hürden hätten sie nicht so schnell nehmen können wie gehofft. Dann seien auch noch die Baukosten explodiert. „Jetzt sind wir froh, wenn wir dieses Jahr noch die Grundsteinlegung schaffen.“