Ein Film gegen ganz normalen Rassismus

Fremdenfeindlichkeit ist nach wie vor ein Problem in Deutschland. Die Jugendgruppe einer Gemeinde aus Waren hat sich mit dem Thema auseinandergesetzt – und einen Preis gewonnen.

Gemeindepädagogin Antje Hübner mit den „Friday Friends“ Julius, Lea und Theresa (v.l.)
Gemeindepädagogin Antje Hübner mit den „Friday Friends“ Julius, Lea und Theresa (v.l.)Sophie Ludewig

Waren. „Kamera läuft! Uuund Action!“, hieß es Anfang April für die Mitglieder der „Friday Friends“ in Waren. Die Jugendlichen aus den beiden evangelischen Gemeinden der Stadt hatten im Herbst die Jury des von der Regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie Mecklenburg-Vorpommern ausgerufenen Wettbewerbs mit ihrer Filmidee „Eine Tüte Popcorn“ überzeugt und durften sie mithilfe eines professionellen Drehteams umsetzen. Dabei übernahmen die Preisträger bei vielen Schritten des Drehprozesses selbst die Verantwortung – angefangen vom Drehbuchschreiben über die Darstellerauswahl und die Regie bis hin zum Schnitt und der Musikauswahl.
Die Idee zu dem etwa vier Minuten langen Film stammt von Lea Fürst. Die 17-Jährige spielt die weibliche Hauptrolle. Das Drehbuch hat sie gemeinsam mit ihrem 16-jährigen „Kollegen“ Julius Reichert während einer langen Busfahrt entwickelt.

Auf der Liste abgehakt

Zum Plot: Ein Mädchen steht im Kino an der Theke und bestellt Popcorn. Während sie wartet, kommt sie mit einem Jungen ins Gespräch, der sichtlich an ihr interessiert ist. Die beiden beschließen, sich gemeinsam einen Film anzusehen, aber vorher geht das Mädchen nochmal kurz zur Toilette. Kaum ist sie verschwunden, holt der Junge einen Notizblock aus der Tasche und hakt eine Liste ab, auf der verschiedene Eigenschaften stehen. Nachdem er Aussehen, Kleidung, Sprache, Religion und politische Einstellung des Mädchens bewertet hat, kommt er zu dem Ergebnis, dass sie doch nichts für ihn ist, und verlässt das Kino.
Als das Mädchen zurückkommt, blickt sie sich enttäuscht im Raum um, während in einer anderen Ecke gerade ein anderes Mädchen ihre Liste durchgeht und daraufhin einen Jungen abwählt. „Die Idee hinter unserem Film ist, dass Fremdenfeindlichkeit nicht nur Rechtsradikalismus bedeutet. Jeder von uns ist von Vorurteilen geprägt und lässt sich oft zu sehr von Äußerlichkeiten be­einflussen. Aber Vorurteile zerstören Beziehungen – von Anfang an“, erklärt Lea Fürst. Theresa Adams, die das zweite Mädchen im Film spielt, sieht das ähnlich: „Dieses Kategorisieren und Bewerten von Menschen bemerke ich ja auch an mir selber, und das hat mich ziemlich traurig gemacht. Ich finde, jeder sollte mal darauf achten, um sein Verhalten zumindest ein bisschen zu verändern.“

Große Disziplin

Die Gruppe war sich einig: Vorurteile sind eine Grundlage für Rassismus, und dagegen muss etwas getan werden. „Vorurteile führen dazu, dass man andere Menschen ausgrenzt, und damit schadet man nicht nur dem anderen und sich selbst, sondern letztlich der ganzen Gesellschaft“, meint Julius und fügt hinzu: „Mit unserem Film möchten wir uns gegen Schubladendenken und für Offenheit und Vielfalt einsetzen. Verschieden zu sein, kann ja auch eine Bereicherung sein, indem man voneinander lernt.“
Lea wünscht sich, dass es mehr solche Projekte wie den Filmwettbewerb gibt, um junge Leute zum Nachdenken über dieses Thema anzuregen. Gemeindepädagogin Antje Hübner, die die „Friday Friends“ betreut, ist restlos begeistert von den Jugendlichen und dem Projektergebnis: „Zwischendurch war ich manchmal echt sprachlos angesichts des Engagements, Ideenreichtums und der Disziplin, die sie bei diesem Projekt gezeigt haben“, sagt sie. „Und ich freue mich, dass ich sie dabei begleiten durfte.“