Herr Weißmüller, waren Sie immer schon sehr affin, was Autos anbelangt? War Ihr erstes Wort als kleines Kind Auto oder wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen? Ganz allgemein, wie wird man Fahrer?
Als kleines Kind wäre ich gerne Busfahrer geworden. Ich habe Berufe gehabt, wo ich viel mit Maschinen oder mit Fahrzeugen zu tun hatte. Bevor ich beim Bischof anfing, war ich Monteur für Transportbänder und bin deutschlandweit unterwegs gewesen. Also ich musste nicht nur fahren, ich musste auch noch Bänder reparieren.
Wo kommen Sie her?
Ich bin in Sachsen-Anhalt geboren, in Burg, aufgewachsen in Loburg bei Zerbst.
Und wie ist die Kirche hier auf Sie gekommen für den Posten?
Ich bin mit dem früheren Bischofsfahrer in Kontakt getreten. Der hat gesagt, dass er noch jemanden sucht, weil er es allein nicht mehr schafft. Und daraufhin haben sie mich angesprochen. Ich habe mich vor neun Jahren hier vorgestellt.
Und immer noch glücklich?
Immer noch glücklich, ja.
Was lieben Sie besonders an dieser Tätigkeit?
Die Vielfältigkeit. Ich bin immer unterwegs. Familienleben ist halt dahingestellt. Man muss flexibel sein, fast immer am Wochenende arbeiten. Das war ich eigentlich schon gewohnt. Man kann keine Termine machen, die werden immer über den Haufen geworfen.
Das heißt, Sie leben in ständiger Rufbereitschaft?
Sozusagen, ja.
Wie darf ich mir so eine Arbeitswoche vorstellen?
Ich habe meinen Wochen- oder Monatsplan. Danach richte ich mich. Und abgestimmt mit dem Bischof koordinieren wir die Fahrten. Aber es kommt immer was dazwischen oder es wird etwas umgeleitet, sodass ich ihn vielleicht früher abholen oder später bringen muss. So ist mein Alltag.
Wenn etwas dazwischen kommt, entstehen viele Pausen. Und wenn der Bischof länger bei einem Termin ist, liegt Ihre Tätigkeit auf Eis?
Sozusagen. Das sind meine Ruhezeiten, in denen ich mich auf die nächste Fahrt konzentriere. Ich komme ein bisschen runter, wenn es verkehrsmäßig etwas anstrengend war. Ich schaue mir an, was die nächste Woche so bringt oder justiere die Routen nochmal neu, so wie der Verkehr aktuell ist. Das sind so meine Aufgaben.
Das heißt, zur Ruhe kommen Sie auch im Auto? Oder haben Sie noch eine andere Räumlichkeit?
Im Konsistorium habe ich natürlich einen Ruheraum oder Aufenthaltsraum, wo ich mir die Fahrten am Computer auch schon mal angucken kann.
Gibt es da auch ein Bett oder ein Sofa?
Da gibt es ein Sofa. Noch vom Vorgänger. Ehrlich gesagt, ich habe es noch nie benutzt. Man kann schon ein bisschen zur Ruhe kommen. Aber man hat immer ein Auge offen rings ums Auto.
Vor einiger Zeit war das Tempolimit ein Thema bei der EKD-Synode. Und am besten fahren Christen ja gar kein Auto, weil sie dann etwas zum Erhalt der Schöpfung tun. Was würden Sie Leuten antworten, wenn die sagen, der Bischof kann gefälligst auch die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen?
Dazu sind die Termine viel zu eng gestrickt. Der Bischof fährt seit anderthalb Jahren elektrisch. Zum Tempolimit, sage ich mal, 130. Damit kann man leben, aber 100 überhaupt nicht. Keine Chance.
Hören Sie Musik im Auto? Dürfen Sie das? Hört der Bischof ab und zu Musik bei den Fahrten?
Nein, wir hören keine Musik. Wir unterhalten uns mal zum Anfang. Zum Beispiel nach dem Wochenende über Fußball oder allgemein über Sport. Das Radio bleibt aus. Der Bischof arbeitet sehr viel im Auto. Da braucht er seine Ruhe oder er führt Telefonate. Da würde es ja stören. Auch das Navigationssystem ist aus. Also es herrscht absolute Ruhe.
Wenn Sie ohne Bischof fahren, hören Sie dann Musik?
Dann höre ich schon mal ab und zu mal Musik. Da ich ja aus dem Osten komme, höre ich mir sehr gerne „Am Fenster“ von City an.
Gibt es Ecken unterwegs, die es Ihnen besonders angetan haben?
Die Landschaft in Brandenburg ist sehr schön. Ich fahre ja bis runter in die schlesische Oberlausitz. Görlitz ist eine sehr schöne Stadt. In Berlin ist halt das Autofahren nicht so schön, wegen den vielen Baustellen. Das ist schon ein bisschen nervig an dem Beruf. In Brandenburg läuft das alles viel gemütlicher. Potsdam ist auch sehr schön. Dort haben wir ja sehr viel zu tun.
Sie fahren den Bischof viel zu kirchlichen Orten. Wie nehmen Sie denn selber Kirche wahr?
Von meinen Eltern wurde ich schon in jungen Jahren geprägt. Ich wurde getauft und konfirmiert, bin zur Christenlehre gegangen. Wenn es die Zeit erlaubt, gehe ich auch des Öfteren zum Gottesdienst mit rein. Weihnachten ist Tradition, aber dann in meinem Wohnort in Fredersdorf, wenn das zeitlich passt.
Ist dieser Bischofswagen eher ein Büro, ein Schlafzimmer, ein Ruheraum oder ein kommunikatives Wohn- oder Esszimmer?
Es ist ein fahrendes Büro.
Darf der Bischof in dem schicken Auto bei Ihnen essen?
Er macht es ab und zu. Ich habe auch nichts dagegen. Ich muss es wieder sauber machen, aber es ist überhaupt kein Problem.

Welche Fähigkeiten bringen Sie mit? Was muss man unbedingt drauf haben, wenn man so einen sehr besonderen Job ergreift?
Pünktlichkeit. Wenn ich nicht da bin oder zu spät komme, fällt der ganze Termin ins Wasser. Ordentliches Auftreten, mit Personen kommunizieren können, die Routen persönlich festlegen. Das ist so die Aufgabe. Und natürlich Ortskenntnisse, die man sich selber aneignen kann. Also ich kannte mich natürlich in Berlin nicht aus, aber mittlerweile geht alles.
Ich vermute, man muss auch sehr viel Geduld mitbringen?
Zum Anfang hatte ich meine Probleme mit den Ruhe- und Wartezeiten. Aber mittlerweile: Der Mensch gewöhnt sich an alles.
Was war die schrecklichste Situation, an die Sie sich erinnern können?
Das war, als dem vorherigen Bischof die Tasche aus dem Auto gestohlen wurde.
Gibt es einen Moment, in dem Sie so richtig das Gefühl haben: Was habe ich für einen wunderbaren Beruf?
Ja, man sieht halt viel. Man kommt mit dem Auto überall hin. Ich fahre gerne mit dem Elektroauto. Anfangs war ich skeptisch. Es ist auch noch nicht alles ausgereift, aber es funktioniert. Wir wollten jetzt mal ein neues Auto ausprobieren. Aber es ist nicht so leicht, ein passendes Auto für den Bischof zu finden, weil es ein fahrendes Büro ist. Und wenn auch Menschen denken, das Auto ist riesig und groß – irgendwo müssen die Akkus untergebracht werden. Die Reichweite muss passen. Und so fahren wir ein ziemlich großes Auto, sodass der Bischof ordnungsgemäß darin arbeiten kann.
Fährt der Bischof in der Regel wirklich alleine mit Ihnen oder nimmt er öfters auch Leute mit? Sie müssen nicht verraten, wen!
Es kommt mal vor, dass auch Personen mit anderen Personen mitfahren, ja. Aber es ist eher die Ausnahme.
Was ist in dem Auto alles drin? Aktentasche, Laptop, aber vielleicht auch ein Paar Wollsocken oder eine Kuscheldecke?
Eine Kuscheldecke ist da, aber die ist für seine Tasche. Da stellen wir immer die Tasche rauf, damit die Ledersitze unversehrt sind, wenn wir das Auto wieder zurückgeben.
Aber keine Minibar, kein Picknickkorb?
Es gibt Wasser hinten, dafür sorgt der Fahrer, also ich. Aber ansonsten gibt es da nichts weiter.
Herr Weißmüller, ich bedanke mich ganz herzlich und wünsche weiterhin gute Fahrt!
Danke, danke. Bis zum nächsten Mal.
