Es war eine blutige Zeit, mit Spießrutenlaufen, Folter, Enthauptungen, Scheiterhaufen: Der Bauernkrieg vor 500 Jahren forderte auch in Baden-Württemberg Tausende Opfer. Gleichzeitig brachte er moderne Ideen von Freiheit und Bürgerrechten zum Vorschein, die bis heute wirken, wie der Historiker Ulrich Maier in einem Buch zum Gedenkjahr zeigt.
Große Namen mischten in jenen Jahren mit, als es um die Erhebung der unterdrückten und rechtlosen Bauern ging. Der besonders radikale Reformator Thomas Müntzer lebte einige Monate im Südwesten, predigte etwa in Waldshut, bevor er zurück nach Thüringen ging und dort später hingerichtet wurde. Götz von Berlichingen, der Ritter mit der eisernen Hand, führte einen Bauernhaufen an, kassierte aber bei Königshofen eine Niederlage und musste selbst vorübergehend in Haft.
Autor Maier – pensionierter Geschichts- und Deutschlehrer sowie früherer Landeskundebeauftragter des Kultusministeriums – präsentiert die Geschichte des Bauernkriegs im Südwesten in kleinen Häppchen. Auf je einer Doppelseite bietet er auf einer Seite einen informativen Text, auf der anderen illustrierende Fotos. Das macht das Buch zu einem unterhaltsamen Schmökererlebnis. Maiers flotter Schreibstil tut sein Übriges, um die Leser in die Geschichte hineinzuziehen.
Es ist erschütternd, wie viele Menschen damals für ihre Überzeugungen im Feuer landeten. Das ging schon ein halbes Jahrhundert vor dem Bauernkrieg Hans Böhm im Taubertal so, der kirchliche Missstände vehement anprangerte. Tausende Wallfahrer sollen den Spruch gesungen haben: „Wir wollen es dem Himmel klagen! Kyrie Eleison! Dass wir die Pfaffen nicht zu Tod sollen schlagen! Kyrie Eleison“. Böhm wurde schließlich in Würzburg verbrannt.
Nicht besser erging es dem südbadischen Reformator Balthasar Hubmaier, der die Säuglingstaufe verwarf und sich mit 60 Waldshuter Honoratioren ein zweites Mal taufen ließ. Hubmaier schrieb sogar einen Verfassungsentwurf für die Zeit nach Bauernkrieg und Reformation. Nach der militärischen Niederlage gegen vorderösterreichische Truppen musste er allerdings fliehen, wurde schließlich in Mähren verhaftet und 1528 in Wien zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Seine Frau Elsbeth wurde in der Donau ertränkt.
Interessanterweise waren sich die Reformatoren selbst nicht ganz einig, wie mit den Rebellen umzugehen sei. Die Aufstände an sich wurden von den Cheftheologen verworfen. Philipp Melanchthon, gebürtig aus Bretten und treuer Mitarbeiter von Martin Luther in Wittenberg, sprach sich in einem Brief an Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz für harte Strafen aus. Dagegen warb der württembergische Reformator Johannes Brenz für einen sanften Umgang, da die die Obrigkeit ihren Teil der Schuld an der Rebellion hatte. Brenz veröffentlichte einen Text unter der Überschrift „Von der Milderung der Fürsten gegen den aufrührerischen Bauern“, in dem er die Begnadigung der Aufständischen empfahl.
Das Buch ordnet das Bauernkriegsgeschehen in Baden-Württemberg nach Regionen – von Südbaden über Oberschwaben bis in den Kraichgau und Hohenlohe. Die Kurzepisoden sind spannend geschrieben. Autor Maier geht es dabei um die interessanten Geschichten, nicht immer um den aktuellsten Stand der Forschung. So erzählt er, dass dem Würzburger Ratsherren und Bildhauer Tilmann Riemenschneider nach der Niederlage der Stadt bei einer Folteraktion beide Hände gebrochen worden sein sollen. Historische Belege für diese Legende gibt es allerdings nicht. (2515/10.11.2024)