„Ein echter Höhepunkt!“

Wie wird Weihnachten auf der Hallig gefeiert? Und wie im Hamburger Michel? Matthias Krämer, Halligpastor auf Langeneß, und Michel-Hauptpastor Alexander Röder über weihnachtliche Arbeitstage.

Vor der Orgel in St. Michaelis: Michel-Hauptpastor Alexander Röder (l.) und Hallig-Pastor Matthias Krämer
Vor der Orgel in St. Michaelis: Michel-Hauptpastor Alexander Röder (l.) und Hallig-Pastor Matthias KrämerTimo Teggatz

Freuen Sie beide sich schon auf Weihnachten?
Matthias Krämer: Weihnachten ist ein echter Höhepunkt. Die Adventsfreude ist bei mir eigentlich im September am größten. Wenn es dann richtig losgeht, wird es schwierig angesichts der vielen Arbeit, seine Freude zu behalten.
Alexander Röder: Ja, klar! Ich bin ein echter Weihnachtsmensch. Das muss man aber hier am Michel auch sein. Wir gelten ja als die Weihnachtskirche Hamburgs, Weihnachten dauert hier fast drei Wochen.

Entsprechend groß dürfte der Stress bei Ihnen im Michel sein.
Röder: Ja, es ist viel Arbeit, aber als Stress empfinde ich das nicht. Es sind so wunderschöne Gottesdienste, dass es auch für mich ein Genuss ist. Insgesamt sind es über die Feiertage zwölf Gottesdienste, von denen ich selbst drei halte. Dazu kommen Andachten in der Weihnachtswoche. Insgesamt haben wir bis zu 30 000 Besucher.

Herr Krämer, das sieht bei Ihnen auf der Hallig wohl anders aus.
Krämer: Na, wir wollen hoffen, dass keine 30 000 Leute kommen. Wir haben fünf Gottesdienste in den drei Kirchengemeinden Langeneß, Oland und Gröde, die ich alle selbst halte. Auf Langeneß kommt die ganze Hallig, das gibt eine volle Kirche mit 80 Besuchern. Aber auf Oland sind es nur 15 Leute, auf Gröde sind es gerade mal sechs Gemeindeglieder. Das ist schon ein ungewohntes Heiligabend-Gefühl, mit so wenig Menschen Gottesdienst zu feiern. Um nach Gröde zu kommen, bin ich auf ein Schiff angewiesen. Darum müssen wir schon am vierten Adventswochenende den Weihnachtsgottesdienst feiern.

Warum?
Krämer: Der Schiffer möchte auch Weihnachten feiern, deshalb fährt er über die Feiertage nicht mehr. Mal sehen, ob wir am vierten Advent schon „Stille Nacht“ singen werden.

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Ist Weihnachten im kleinen Kosmos einer Hallig ruhiger und besinnlicher?
Krämer: Natürlich haben wir auf der Hallig weniger Termine und weniger Druck von Außen. Aber in die richtige Stimmung lässt einen ja die innere Einstellung kommen. Und da geht es den Leute auf der Hallig genauso wie den Menschen in der Metropole Hamburg.

Wie groß ist der Aufwand, Weihnachten im Michel zu planen?
Röder: Wir haben im Michel viele Weihnachtsfeiern, von großen Unternehmen genauso wie von Schulen. Diese Termine werden schon Jahre im voraus koordiniert. Mit der konkreten Planung beginnen wir bei einer Mitarbeiterbesprechung Anfang November, wo es auch die ersten selbstgebackenen Weihnachtskekse gibt. Hunderte Ehrenamtliche helfen uns. Es wird jeder Tag bis zu Epiphanias geplant, von der Parklogistik bis zur Kollekte. Die Gottesdienste sind dann unter den Pastoren schnell aufgeteilt.

Wird auf der Hallig auch so aufwändig geplant?
Krämer: Bei mir findet diese Dienstbesprechung in meinem eigenen Kopf statt. Ich bin schon seit 25 Jahren Hallig-Pastor, deshalb weiß ich inzwischen, was Weihnachten zu tun ist. Auf Langeneß leite ich auch unseren kleinen Chor mit zehn Mitgliedern, wo wir schon seit Anfang November Weihnachtslieder proben. Ehrenamtliche Helfer wie am Michel brauchen wir auf den Halligen nicht. Mir hilft an den Festtagen aber meine Organistin, die zugleich meine Küsterin ist. Zusammen schmücken wir auch die Kirche.

Herr Röder, können Sie sich vorstellen, auf einer Hallig als Pastor zu arbeiten?
Röder: Vielleicht im Urlaub, aber auf die Dauer hätte ich damit Probleme. Ich bin ein Großstadt-Mensch und habe immer in großen Hamburger Kirchen gewirkt, nach dem Vikariat 15 Jahre lang an der Hauptkirche St. Jacobi und jetzt seit 2005 am Michel. Ich kenne die Arbeit eines Hallig-Pastors also auch gar nicht.

Herr Krämer, können Sie sich einen Wechsel in eine Großstadt wie Hamburg vorstellen, vielleicht sogar an den Michel?
Krämer: Ich kann mir vorstellen, wieder in Hamburg zu leben. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich hier arbeiten könnte. Privat kann ich in der Stadt die schönen Fassaden genießen, aber die Kollegen hier müssen auch hinter die Fassaden blicken. Ich habe keinen Grund wegzuziehen und würde auch gern die letzten zwölf Jahre meines Berufslebens auf der Hallig verbringen.