Discounter lädt zum “günstigsten Weihnachtsmarkt Deutschlands”
Glühwein, Bratwurst, Crepes und Lichterketten – fertig ist der Weihnachtsmarkt? Wenn es nach einem großen Discounter geht, dann ja. Mit günstigen Preisen wolle man Menschen etwas Gutes tun. Ist das mehr als nur Werbung?
Weihnachtsmusik schallt aus den Lautsprechern, bunt geschmückte Weihnachtsbäume säumen den Parkplatz. Parkplatz? Ja, denn dieser Weihnachtsmarkt findet nicht im Zentrum einer der großen deutschen Städte statt. Er ist vielleicht eher einer der kleinsten – und jedenfalls nach Aussage seiner Erschaffer “der günstigste Weihnachtsmarkt Deutschlands”.
Seine Erschaffer, das ist ein Team des Discounters Aldi Süd. “Wir sehen uns nicht als Konkurrenz zu Weihnachtsmärkten”, sagt Pressereferentin Johanna Krautwald. Aber Weihnachtsstimmung solle schon aufkommen. Dazu tragen Glühwein, Bratwurst, Crepes und Weihnachtsplätzchen bei. Alles für einen oder zwei Euro. Für Kinder dreht sich ein kleines Karussell oder sie bemalen Christbaumschmuck aus Holz für den heimischen Weihnachtsbaum.
Während auf dem Discounter-Parkplatz das Fest schon vor der Tür steht, ist in den meisten Wohnzimmern zu Hause noch keine Weihnachtsdekoration zu sehen. Mitte November, noch vor Volkstrauertag und Totensonntag – das ist sehr früh für einen Weihnachtsmarkt. Das meint der Geschäftsführer der Tourismus und Congress Frankfurt Thomas Feda. In der Stadt am Main wird der dreitägige Weihnachtsmarkt auch zu Gast sein. Doch für Feda ist das höchstens ein “Glühweinmarkt”, sagte er der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”.
Fragt man die Besucherinnen und Besucher, sieht das etwas anders aus. “Generationen kommen zusammen”, freut sich eine Besucherin, die sich mit ihrer Tochter auf dem Markt verabredet hat. “Einmalig” sei dieser Weihnachtsmarkt, ist das Urteil einer Gruppe von Arbeitskollegen, die nach Feierabend für den einen oder anderen Glühwein hergekommen sind. “Wir werden auch auf andere Weihnachtsmärkte gehen”, sagt einer von ihnen. Aber da werde es teurer sein, hier könnten sie sich einen Glühwein mehr gönnen.
Auch fünf Frauen vom hiesigen Seniorennetzwerk nutzen die Gelegenheit, zu “vernünftigen Preisen” einen Glühwein zu trinken. So könnten sie mal dem Alltag entfliehen, ist ihr einhelliges Urteil. Doch eine von ihnen kommt ins Grübeln, nachdem sie kurz zuvor in eine Fernsehkamera gesprochen hat: “Sich so instrumentalisieren zu lassen, ist kein schönes Gefühl.” Schließlich mache sie damit kostenlose Werbung für den Großkonzern. Aber so richtig schlimm findet sie es nach eigenem Bekunden dann doch nicht. Der Glühwein schmeckt einfach zu gut – und dann tut man auch noch etwas Gutes damit.
Aldi Süd möchte mit dem Markt nach eigenen Angaben ein Zeichen setzen. Der Discounter ermögliche mit den günstigen Preisen “eine bezahlbare Weihnachtszeit für alle”. In Köln, Frankfurt, Stuttgart und München war und ist der “günstigste Weihnachtsmarkt” in diesem Jahr zu Gast. “Wir freuen uns, dass wir die Aktion erweitern konnten”, sagt Pressereferentin Jasmin Wüstenberg.
Premiere feierte der Weihnachtsmarkt vor einem Jahr in Köln. Ein wichtiger Punkt sei, dass alle Einnahmen gespendet würden – in diesem Jahr an die Off Road Kids Stiftung, die sich für obdachlose Kinder und Jugendliche einsetzt.
Die Dämmerung setzt ein und damit füllt sich der Markt. Am Crepes-Stand ist schon den ganzen Nachmittag eine lange Schlange. Familien mit Kindern möchten zuschlagen. Langsam werden auch die Schlangen an den beiden Glühweinständen länger. Im Studentenviertel spricht es sich schnell herum, wenn es das Wintergetränk zum Sonderpreis gibt. Die weihnachtliche Dekoration kommt jetzt so richtig zur Geltung. Nur ein “Glühweinmarkt”? Dem würde hier wohl kaum jemand zustimmen, auch von denen, die nur für das Getränk hier sind.
“Fühlst du das Fest?” – Das ist das Motto des Kurzweihnachtsmarkts. Das möchte Mitte November dann doch noch nicht ganz gelingen. Doch im zur Fotobox umfunktionierten alten VW-Bulli können schon einmal ein paar lustige Fotos gemacht werden, die in wenigen Wochen dann Weihnachtskarten zieren.