Dieser Pastor hat Zeit für Urlauber

Erst seit zwei Wochen ist er im Amt: Matthias Borchert arbeitet als Urlauberseelsorger in Kühlungsborn. Er hat schon viele Ideen.

Pastor Matthais Borchert im Ostseebad Kühlungsborn
Pastor Matthais Borchert im Ostseebad KühlungsbornPrivat

Kühlungsborn. "KISK" hat jemand mit roter Lackfarbe auf den Strandkorb geschrieben. Dass es sich dabei nicht um einen Schreibfehler von "Kiosk" handelt, verraten die Bemalungen: Fische, eine Kirche, ein Regenbogen und die Aufschrift "KirchenStrandKorb". Seit Anfang August steht das bunte Sitzmöbel, das ein Vermieter der evangelischen Kirchengemeinde geschenkt hat, am Strand im mecklenburgischen Ostseebad Kühlungsborn. Der Strandkorb ist Mittelpunkt der neuen Urlauberseelsorge in dem traditionsreichen Kur- und Badeort mit jährlich über 2,5 Millionen Übernachtungen.
Mit einer halben Stelle ist Pastor Matthias Borchert seit Anfang August Urlauberseelsorger. "Es ist schön, dass wir das bekommen haben", sagt er erleichtert. Seit Jahren hat er dafür geworben, dass es in dem größten Ostseebad in Mecklenburg solch eine Stelle gibt. Für drei Jahre ist die Finanzierung gesichert.

Offene Menschen im Urlaub

"Man muss Zeit für die Urlauber haben", ist der 56-jährige Theologe überzeugt, der bereits seit acht Jahren in Kühlungsborn Gemeindepastor ist und es mit der zweiten halben Stelle auch bleibt. Im Urlaub könnten die Menschen mit einem Seelsorger auch anonym über Probleme reden, etwa über ihre Ehekrise, Überarbeitung und andere Belastungen des Lebens. Die Zeit dafür ist im Alltag einer Kirchengemeinde oft nicht da.
Dabei hatte Matthias Borchert die Urlauber schon immer im Blick. Seit acht Jahren feiert Kühlungsborn am ersten Juli-Sonntag das Seebrückenfest mit rund 800 Besuchern. Er hat auch schon Kinder mit Ostseewasser getauft und langjährige Urlaubsgäste getraut. Eine große Nachfrage gibt es auch für Segnungen. Anlass kann eine Verlobung oder ein Ehejubiläum sein, es kann aber auch eine überstandene Lebenskrise sein oder auch der Segen für den weiteren Lebensweg.

Geplant: Andacht bei Sonnenuntergang

Matthias Borchert hat schon einige Ideen für die Arbeit: Andachten bei Sonnenuntergang am Strand mit Wein und Käse, oder Andachten auf einem Segelboot. Es sei wichtig, mit den Menschen in Kontakt zu kommen und sie zum Nachdenken über Gott und die Welt anzuregen. Vordringliche Aufgabe ist aber momentan, ehrenamtliche Mitarbeiter zu gewinnen.
Pastor Borschert hat derzeit zwei erfahrene Ehrenamtler aus Hessen und zwei Jugendliche aus Kühlungsborn in seinem Team. Sie erzählen die Gute-Nacht-Geschichten, gestalten den Abendsegen am Strand und organisieren in der Pfarrscheune das Bastel-Café für Familien. So gab es bereits einen Pilgerspaziergang mit den "Perlen des Glaubens" durch den Stadtwald. Denkbar ist auch ein Projektchor, in dem Urlauber mitsingen. "Kirche sollte Gemeinschaft ermöglichen", ist Matthias Borchert überzeugt. Er wolle "nichts wie Animateure anbieten".

Prominenter Besuch

Ulrich Schmidt vom Gemeindedienst der Nordkirche ergänzt, dass manche Menschen den Kontakt zur Kirche im Urlaub eher suchen als zu Hause. Das wisse er von Urlauberseelsorgern in Schleswig-Holstein. Die Anonymität im Urlaub könne helfen. "Man muss sich nicht entschuldigen, wenn man nicht wieder hingeht." Für Kersten Koepcke vom Gemeindedienst in Rostock ist Kühlungsborn ein Pilotprojekt für Mecklenburg. In Ostseebädern wie etwa Graal-Müritz oder Rerik ist Urlauberseelsorge noch Teil der Gemeindearbeit.
Prominenten Besuch bekommt das neue Urlauberseelsorge-Projekt in Kühlungsborn bereits an diesem Freitag, 19. August. Dann will sich der Präses der Nordkirchen-Synode, Andreas Tietze, in Kühlungsborn über "Kirche am Urlaubsort" informieren. (epd)