Die Wagner-Orgel im Brandenburger Dom wird 300 Jahre alt

Zum Geburtstag gibt es ein umfangreiches Festproramm mit Symposium, Konzerten, Führungen und Ausstellungen.

Die Orgel von Joachim Wagner
Die Orgel von Joachim WagnerKlaus Büstrin

Die ganze Pracht hochbarocker Orgelbaukunst ist in dem Klang der Instrumente von Joachim Wagner (1690–1749) zu erleben. Der wenig musische Preußen-König Friedrich Wilhelm I., auch Soldatenkönig genannt, war ein frommer Monarch. So ließ er viele Kirchen in Stadt und Land bauen, die auch mit einer Orgel versorgt wurden. Von daher waren die Aufträge für Wagner nicht unerheblich.

Von den 51 Orgeln, die Wagner vor allem in der Mark Brandenburg und in Berlin baute, haben nur neun Instrumente die Zeiten überdauert, darüber hinaus zehn Gehäuse. Wie die Joachim-Wagner-Gesellschaft mitteilt, waren Brände, mangelnde Pflege, spätere Umbauten und die Folgen des Zweiten Weltkrieges ausschlaggebend für die schmerzhafte Verminderung des Bestandes von Wagner-Orgeln.

Fast originale Klanggestalt

Allein in der Stadt Brandenburg erklangen einst drei Orgeln des Orgelbauers: in der St. Katharinenkirche, in St. Gotthardt und im Dom. Aber nur das Instrument im Dom ist erhalten geblieben. Es weist bis heute eine fast originale Klanggestalt auf. Der barocke Orgelbaumeister, der in Karow bei Genthin geboren wurde, in Magdeburg das Orgelbauhandwerk erlernte und als Geselle bei Gottfried Silbermann im sächsischen Freiberg arbeitete, war Zeitgenosse von Johann Sebastian Bach. Der Leipziger Thomaskantor lernte die Instrumente des „Märkischen Silbermann“ kennen, unter anderem während des Besuchs der Heilig-Geist-Kirche im Jahr 1747 in Potsdam. Im April 1945 wurde das Gotteshaus samt Orgel durch britische Bombenangriffe zerstört.

1723 befand sich eine Filiale der Wagner-Werkstatt, die ihren Hauptsitz in Berlin hatte, am Dom zu Brandenburg. Für das ehrwürdige Gotteshaus wurde eine Orgel bestellt, da das Instrument aus dem 17. Jahrhundert durch einen Blitzschlag unspielbar wurde. Wagners neues Werk wurde zwei Jahre später abgeschlossen. Ohne Beanstandungen, wie es hieß. Seitdem können sich die Brandenburger glücklich schätzen, denn die zwei- manualige Orgel erklingt regelmäßig in den Gottesdiensten und steht im Mittelpunkt der Sommermusiken.

Über 2000 Pfeifen

Seit einigen Jahren bringt Domkantor Marcell Fladerer-Armbrecht das Orgel-Gesamtwerk Bachs zum Klingen. Vielfältige, oft aparte Klangmischungen kann man mit den über 2000 Pfeifen in 29 originalen und 33 Registern auf zwei Manualen und Pedal bewerkstelligen. Für Domkantoren gibt es, wie er selbst sagt, kein besseres Instrument in puncto Klangschönheit. Auch die Pracht des Prospekts sei beeindruckend. Der Berliner Bildhauer Johann Georg Glume, ein Schüler des Architekten und Bildhauers Andreas Schlüter, hat ihn geschaffen. Glume wirkte auch maßgeblich beim Bau der Garnisonkirche in Potsdam mit.

Orgelfigur
Orgelfigurepd-bild/Rolf Zoellner

Das Domstift und die Dom­gemeinde Brandenburg feiern die 300-jährige Geschichte der kost­baren Orgel mit ihre unverwechselbaren Klang von Mitte Juni bis Anfang September mit einem ausgiebigen Fest. Zum Auftakt gibt es am 22. und 23. Juni ein Symposium zum Thema „Der authentische Klang“. Orgel-Kenner und Orgel-Liebhaber sprechen über den Klang-Dom-Schatz und geben ihre Erfahrungen mit dem Musizieren auf diesem Instrument und anderen historischen „Königinnen“ weiter. Aber auch neue Orgel-Technologien und aktuelle Musik sollen vorgestellt werden.

Jede Menge prominente Organisten

Ein weiterer Höhepunkt wird das ganztägige Musikfest am 24. Juni rund um den Dom sein. Es werden Werke aus verschiedenen Epochen bis hin zu Jazz gespielt. Am Brandenburger Orgeltag am 3. September, gibt es ein 300-minütiges Konzert zum Orgelgeburtstag. Bekannte Gäste aus Nah und Fern finden sich im Laufe des Sommers ein, um der Wagner-Orgel ihre Reverenz zu erweisen, unter anderen die Organist*innen Anna-Victoria Baltrusch, Dirk Elsemann, Michael Schneider und Gunter Kennel. Auch der Dresdner Kreuzchor und die Brandenburger Symphoniker haben sich angekündigt.

Die Führungen an der Orgel sowie Workshops geben technische und klangliche Einblicke in das Innere des Instruments. Auch ein Podcast über den Orgelbau wird vorbereitet. Natürlich möchte der Dom so ein Jubiläum als Gelegenheit nutzen. „Mit kinderfreund­lichen Angeboten wollen wir neue Orgelfreunde erreichen. Das ist nicht so ganz leicht, doch versuchen wollen wir es auf alle Fälle“, so der Domkantor.

Mitmachstation

Begleitet wird das Fest von zwei Ausstellungen. Vom 22. Juni bis zum 31. Oktober kann man sich im Dommuseum über Joachim Wagner und seine nunmehr 300 Jahre alte Orgel anhand von selten gezeigten Exponaten genauer informieren. Auch eine Mitmach- und Probe-Station soll die Besucher anlocken. Die Schau ist als Wanderausstellung konzipiert. „Curie Eleison“ wird die Klangausstellung in der St. Petri-Kapelle genannt, die am 17. Juni ihre Pforten öffnet. Der Komponist Michael Vajna, der in der deutschen Popmusikszene kein Unbekannter ist, nähert sich mit Hilfe der Wagner-Orgel den Pflanzen-Röntgenbildern des niederländischen Künstlers Arie van’t Riet, um mit feinen Klängen Gottes Schöpfung zu feiern.

Weitere Informationen zum Wagner-Orgelfest im und am Brandenburger Dom unter www.dom-brandenburg.de

Auch eine andere Wagner-Orgel wird 300 Jahre alt. In der St-Marienkirche am Berliner Alexanderplatz wurde am 12. Mai 1723 das Meisterstück Wagners abgenommen. Aus diesem Anlass gibt es von Sonntag, 21. Mai, bis Sonntag, 28. Mai, eine Orgelfestwoche mit Konzerten, Workshops und Gottesdiensten.

Der Eröffnungsgottesdienst am 21. Mai, 10 Uhr, mit Pfarrerin Corinna Zisselsberger und dem ehemaligen Bischof Wolfgang Huber wird auch auf RBBKultur übertragen. Das ganze Programm unter: www.marienkirche-berlin.de/orgelfestwoche-2023