Die Verheißung Gottes

Über die eherne Schlage schreibt Jens-Martin Kruse. Er ist Hauptpastor an der Hamburger Hauptkirche St. Petri.

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: Da sprach der HERR zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie zum Zeichen auf; wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben“ aus 4. Mose 21, 4-9
„Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht, ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht“ (EG 97), so heißt es in einem Passionslied. In dieser Zeit spüren wir dem Geheimnis nach, wie aus dem Kreuz Jesu ein „Baum des Lebens“ geworden ist. Die ersten Christen haben Jesu Tod am Kreuz und die Erfahrung seiner Auferweckung im Licht ihrer Bibel gedeutet – der heiligen Schriften Israels, unserem Alten Testament. Zu den Texten, die sie dafür herangezogen haben, gehört die Geschichte von der ehernen Schlange. Sie erzählt von der wunderbaren Rettung des Volkes Israel aus Todesgefahr. Während der langen Wüstenwanderung drohten viele Israeliten durch Schlangenbiss zu sterben. In dieser Not kommt Gott seinem Volk zur Hilfe. Aber er rettet anders als gedacht. Nicht indem er die Schlangen beseitigt, sondern auf eine Weise, die für ihn typisch ist: Er gibt eine Verheißung und bindet sie an ein äußeres Zeichen. Dieses Zeichen ist die eherne Schlange. Sie wurde von Mose angefertigt und auf einer langen Stange befestigt, sodass sie gut sichtbar war. Die Verheißung Gottes lautete: „Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben“. So wurde die eherne Schlange zu einem Hoffnungsbild. Wer Gottes Verheißung glaubte und hinauf auf das bronzene Zeichen schaute, wurde vor dem Tod bewahrt. 
Die frühen Christen fanden in dieser Geschichte einen Zugang zur Deutung des Todes Jesu. So wie Gott damals in der Wüste die Israeliten vor dem zeitlichen Tod errettete durch die eherne Schlange, so errettet er uns und alle Welt durch seinen Sohn Jesus Christus, der am Kreuz erhöht wurde, „damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben“ (Johannes 3,15). Wieder handelt Gott anders als gedacht. Das Kreuz ist nicht Zeichen der Niederlage Jesu, sondern der Ort, an dem Gott uns Menschen rettet, indem er all das, was uns von ihm trennt, auf sich nimmt. So ist das Kreuz gegen allen Augenschein für Christen auch der „Baum des Lebens“.  Darum – so sagt es der Hebräerbrief – lass uns immer wieder „aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens“.
Unser Autor
Jens-Martin Kruse
ist Hauptpastor an der Hamburger Hauptkirche St. Petri.
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.