Die Uni Hamburg regelt ihr religiöses Leben neu

Es ist bundesweit einmalig: Mit einem Verhaltenskodex ordnet die Uni Hamburg ihr religiöses Leben. Burkas bleiben erlaubt, doch es gibt auch Verbote.

Timo Teggatz

Hamburg. An der Universität Hamburg wird es auch künftig kein allgemeines Burka-Verbot geben. Der neue Verhaltenskodex zur Religionsausübung untersagt eine Vollverschleierung aber, wenn es den Wissenschaftsbetrieb beeinträchtigt. Dazu zählen unter anderem Prüfungen, Labor-Praktika und medizinische Untersuchungen. Als bundesweit erste habe die Universität Hamburg mit Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen ein Zehn-Punkte-Papier zur Religionsausübung erarbeitet, sagte Uni-Präsident Dieter Lenzen am Mittwoch bei der Vorstellung des Papiers. 
Die Diskriminierung von Frauen aus religiösen Gründen will die Universität nicht dulden. So ist eine Trennung nach Geschlechtern im "Raum der Stille" nicht erlaubt. Dies gelte unabhängig davon, so Lenzen, ob die Frauen dies selbst wünschen oder nicht. Wer aus religiösen Gründen ein Zeugnis nicht aus den Händen einer Frau entgegen nehmen will, müsse auf das Zeugnis verzichten. Fußwaschungen in sanitären Anlagen oder hörbare Gebete in Bibliotheken sollen ebenfalls unterbleiben. 

Kommission erarbeitet Kodex

Mehrere Monate lang hatte eine Kommission unter Leitung der Philosophie-Professorin Birgit Recki den Verhaltenskodex erarbeitet. Beteiligt waren Religionswissenschaftler, Verfassungsjuristen, Psychologen sowie Vertreter der Studierenden. Ziel sei es gewesen, so Lenzen, die Religionsausübung weitgehend zu ermöglichen, ohne die Freiheit der Wissenschaft einzuschränken. 
Hintergrund waren offenbar Übergriffe von muslimischen Studenten, die im "Raum der Stille" und anderen Uni-Räumen muslimische Frauen und Nicht-Muslime bedrängt haben sollen. Das Leben an der Universität lebe von gegenseitiger Rücksichtnahme, sagte Recki. Nicht-Religiösen dürfe die Auseinandersetzung mit dem Glauben nicht aufgezwungen werden. 

Mensen entscheiden selbst

Das Tragen von religiösen Symbolen wie Kippa, Kreuz oder Schleier ist ausdrücklich erlaubt. Die Universität werde sich bei ihrer Veranstaltungsplanung aber nicht von Gebetszeiten leiten lassen, sagte Lenzen. Richtlinie seien die gesetzlichen Sonn- und Feiertagsbestimmungen. Lenzen: "Es ist aber niemandem verboten, den Raum zu verlassen." Gespräche mit Islamwissenschaftlern hätten ergeben, dass nach dem Koran Gebetszeiten bei Bedarf auch verschoben werden dürften, so Recki. 
In welcher Weise Mensen und Cafés religiöse Speisevorschriften beachten, bleibe in der Verantwortung der Betreiber, heißt es in dem Papier. Die Mensen des Studierendenwerks würden die Richtlinien für den Speiseplan in einem Ausschuss festlegen, betonte Lenzen. Dabei würden religiöse Speisevorschriften bereits weitgehend berücksichtigt. (epd)