Die Reise der Kirche zu neuen Ufern geht weiter

Das vom Papst angestoßene Reformprojekt Weltsynode ist vorerst am Ziel. Seit 2021 wurde weltweit über neue Formen der Teilhabe der Gläubigen beraten. Bevor es an die Umsetzung geht, gab es eine Festmesse voller Symbolik.

Als am Samstag um kurz nach 19 Uhr Papst Franziskus seine Abschlussrede im Rahmen des Reformprojekts Weltsynode gehalten hatte, gab es frohen Beifall in der vatikanischen Audienzhalle, beim anschließenden Gruppenbild dann gelöstes Stimmengewirr. Nicht nur knapp vier intensive und fordernde Sitzungswochen lagen hinter den rund 370 Männern und Frauen; nein, das gesamte Projekt Weltsynode, das Franziskus 2021 ins Leben gerufen hatte, war zu einem Ende gekommen. Oder ist es ein Anfang?

Diesen Eindruck vermittelte Franziskus beim feierlichen liturgischen Abschluss am Sonntagmorgen im voll besetzten Petersdom. Mit Nachdruck ermutigte er die Katholiken, “aufzustehen” für die Zukunft der Kirche zum Wohl aller Menschen. “Angesichts der Fragen der Frauen und Männer von heute, der Herausforderungen unserer Zeit, der Dringlichkeit der Evangelisierung und der vielen Wunden, die die Menschheit plagen, können wir nicht sitzen bleiben”, sagte er in dem stimmungsvollen Gottesdienst. Die vielfach von Krisen geplagte Kirche dürfe nicht in Stillstand und Selbstbespiegelung verharren, sondern müsse sich “die Hände schmutzig” machen, um den Menschen zu dienen, so der 87-Jährige.

Einen Kontrast zu diesem öfter von Franziskus gebrauchten Bild bot der in strahlendes Gold und Weiß getauchte Petersdom, während Hunderte Bischöfe und Kardinäle in grünen Gewändern einen Farbtupfer setzten. Die wichtigste Kirche der Christenheit hat sich bereits in Schale geworfen mit Blick auf das bevorstehende Heilige Jahr 2025 – aber auch für die Teilnehmenden der Synode, die nun wieder an alle Enden der Erde zurückreisen.

Erstmals seit vielen Monaten war der monumentale Bronze-Baldachin von Gian Lorenzo Bernini nach seiner Restaurierung wieder ohne Gerüst zu sehen. Ebenso wurde der antike Papst-Thron, die aus dem ersten Jahrtausend stammende “Cathedra Petri”, ausnahmsweise seiner barocken Hülle entnommen: Der schlichte Holzstuhl, der normalerweise in Berninis Figuren-Ensemble in der Hauptapsis verborgen ist, wurde am Ende der Messe vor den Baldachin getragen, wo der Papst kurz im stillen Gebet verharrte. Zuvor hatte er in seiner Predigt gesagt, der uralte Thron sei Sinnbild der Liebe, Einheit und Barmherzigkeit, in der Jesus den Apostel Petrus beauftragt habe, “nicht über andere zu herrschen, sondern ihnen in Liebe zu dienen”, sagte Franziskus.

Am Altar standen mit dem Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich und Kardinal Mario Grech aus Malta zwei Männer, die die Synode entscheidend mitprägten. Vor der Kommunion brachten Männer und Frauen verschiedener Kontinente, die an der Synode teilgenommen haben, die Gaben zu Papst Franziskus; ein weiteres Signal, dass die Kirche nicht allein von Klerikern getragen wird. Auch die hohe kirchliche Symbolik des 1635 vollendeten Baldachins aus Marmor, Bronze, Holz und Gold passte in den Gottesdienst: Groß wie ein zehnstöckiges Haus bekrönt er den Hauptaltar, unter dem das Grab des Heiligen Petrus liegt, auf dem Christus seine Kirche bauen wollte.

Wie es mit diesem Haus weitergehen soll, darüber berieten die Synodalen vier Wochen lang intensiv und oft durchaus kontrovers. Am Samstagabend stimmten sie über ein 50-seitiges Dokument ab. Sie sprachen sich dafür aus, dass Ortskirchen stärker über ihre eigenen Belange entscheiden können, dass sich die Kirche stärker gegen Missbrauch und für die Betroffenen einsetzt und dass eine mögliche Diakonenweihe für Frauen weiter geprüft und nicht ad acta gelegt wird. Für gewisse Überraschung sorgte, dass der Papst noch am Abend erklärte, er werde kein eigenes Abschlusspapier verfassen. Damit akzeptierte er die Beschlüsse der Synode, für die er während der Beratungen immer wieder um die Kraft des Heiligen Geistes gebetet hatte.

Und auch der war, zumindest bildlich, beim Papstgottesdienst am Sonntag erstmals seit langem wieder ungehindert zu sehen: Der nicht mehr verhüllte Baldachin gab den Blick wieder frei auf das gelb und golden umkränzte Apsisfenster über dem Hochaltar und dessen optisches Zentrum: die Taube als Symbol des Heiligen Geistes.