“Die Polizistin”: Ein besonderer Krimi im ZDF
Nah der Grenze zu Dänemark wird eine Frauenleiche gefunden. Alles deutet auf einen bekannten Serienmörder hin – doch der sitzt aktuell in Haft. Ein ZDF-Krimi mit einer besonderen Polizistin.
20 Jahre habe er darum gekämpft, eine schwarze Hauptdarstellerin in einem Prime-Time-Format inszenieren zu dürfen, erzählt Regisseur Lars Becker im Interview. Nun ist es endlich so weit: In dem Krimi “Die Polizistin und die Sprache des Todes”, den das ZDF am Montag, 30. September, um 20.15 Uhr ausstrahlt, spielt die in Ghana geborene und in Deutschland aufgewachsene Thelma Buabeng die Titelrolle.
Das Ergebnis ist gleichermaßen gelungen wie erfreulich unspektakulär. Will sagen: Dass die Hauptfigur eine schwarze Hautfarbe hat, spielt zwar im Binnenkontext der Handlung in Form von Rassismen eine gewisse Rolle, ist für die reine Krimi-Erzählung aber relativ egal. Und genau so soll es ja auch sein.
“Die Polizistin” – ein gut inszenierter ZDF-Film
Natürlich kann man “Die Polizistin” angesichts der jahrzehntelangen öffentlich-rechtlichen, medialen und gesellschaftlichen Verweigerung einer angemessenen Repräsentation nicht-weißer deutscher Lebensgeschichten als gar nicht so kleine Revolution betrachten. Lässt man den gesellschaftspolitischen Aspekt jedoch beiseite, ist der von Becker geschriebene und inszenierte Film einfach ein geschickt aufgebauter Krimi mit starker Hauptfigur und interessanten Protagonisten links und rechts des Wegesrandes.
Eine Frau ist ermordet worden in dem Örtchen Fleggard in Nordfriesland – schon wieder: Alles sieht nach der Handschrift von Rudi Butscher (Nicholas Ofczarek) aus, doch der sitzt bereits für zwei andere Frauenmorde im Gefängnis. War ein Nachahmer am Werk?
BKA-Fallanalystin Gloria Acheampong (Thelma Buabeng) reist in die Region an der dänischen Grenze, um gemeinsam mit dem örtlichen Polizeikommissar Pieper Olsen (Artjom Gilz) zu ermitteln.
Ein so gegensätzliches wie gut matchendes Team: Sie tough, schlagfertig, mit allen Wassern gewaschen und nebenbei Albert Camus zitierend. Er norddeutsch-trocken und beruflich viel unerfahrener, allerdings durchaus selbstbewusst und mit gutem Draht zur lokalen Bevölkerung.
Zuschauer wissen mehr als die Kommissare
Gloria und Pieper ermitteln im Umfeld der toten Prostituierten und besuchen “den Butscher” in der JVA. Wieso glaubt der, gute Chancen auf baldige Entlassung zu haben? Welche Rolle spielt der Rest der Familie Butscher? Und wie gefährdet ist die aus dem Zeugenschutzprogramm ausgestiegene Mercy, die einst gegen den Frauenmörder aussagte?
Wie so oft in den Krimis von Lars Becker wissen die Zuschauer ab einem bestimmten Zeitpunkt mehr als die Kommissare: Es geht dann nicht mehr um das “Was” oder “Wer”, sondern ums “Wie” der Ermittlungen. Die Spannung speist sich aus den psychologischen Spielchen zwischen (vermeintlichen) Tätern und Polizei.
Die Begegnungen zwischen Butscher und Kommissarin zählen denn auch zu den Höhepunkten des Films. Überhaupt sind die Darsteller toll, allen voran die so cool wie temperamentvoll aufspielende Thelma Buabeng.
Starke Entdeckung: Der knochentrockene Dorfpolizist Pieper
Artjom Gilz als knochentrockener Dorfpolizist Pieper ist ebenfalls eine starke Entdeckung, ebenso wie Enno Trebs und Farba Dieng als leicht dumpfbackige Verdächtige oder Jana Chirwa als furchtlose Mercy. Herausragend wie immer ist Nicholas Ofczarek, und selbst für eine nur mittelgroße Nebenrolle wie Butschers Bruder Olli konnte Becker den zu Recht viel gelobten Thomas Schubert verpflichten.
Über gelegentliche kleinere dramaturgische Ungereimtheiten lässt sich so leicht hinwegsehen. Der stimmige Gesamteindruck wird durch eine überzeugende Bildgestaltung und eine dezente, aber effektive Musikspur abgerundet.
Mit “Die Polizistin” zeigt sich Krimi-Spezialist Lars Becker mal wieder in guter, unterhaltsamer Verfassung – und auf der Höhe der Zeit: Man kann nur hoffen, dass sich der Rest der Branche von der Wahl seiner Hauptdarstellerin – die eigentlich nicht weiter bemerkenswert, da Normalität sein sollte – inspirieren lässt. Denn die eine nicht-weiß besetzte Alibi-Nebenrolle, mit der sich der durchschnittliche Fernsehfilm der vergangenen Jahre das Label “divers” anzuheften suchte, wird der Repräsentation hiesiger Lebenswelten schon lange nicht mehr gerecht – seit mindestens 20 Jahren, um genau zu sein.
Der Krimi “Die Polizistin und die Sprache des Todes” läuft am Montag, 30. September, um 20.15 Uhr im ZDF.