Die mit dem Hund tanzt
Border Collie Nya sprintet, dreht sich, läuft Slalom im Takt der Musik: Die Hundesportart Dogdance sorgt für Bewegung – bei Mensch und Tier.
Die Musik ist von harten Rhythmen geprägt: Ein Lied der Gruppe Rammstein dröhnt aus den Boxen. Andrea Lewis bewegt sich im Takt der Musik und wird dabei von Border Collie Nya aufmerksam beobachtet. Die Hündin „tanzt“ mit – wenn auch nicht direkt zur Musik, sondern zu den Anweisungen ihrer Besitzerin, die diese mit kleinen Körpersignalen und verbalen Kommandos gibt. Nya sprintet los, dreht sich, läuft rückwärts und Slalom zwischen den Beinen von Lewis. „Head banging“ machen beide gemeinsam, als die Hündin zwischen den Beinen steht. „Ich versuche, eine Musik zu finden, die zum Hund passt. Nya mag es wild“, sagt Andrea Lewis und lacht. Zum Üben ist die Mindenerin an diesem Tag ins Hundekolleg Münsterland nach Schöppingen gekommen.
Sie ist die deutsche Landesvertreterin im Verein Dogdance International und betreibt das „Tanzen mit Hunden“ seit 20 Jahren. Andrea Lewis besitzt neben Nya noch die Border Collies Holly und Wednesday und die kleine Chihuahua-Hündin Betty, erst eineinhalb Jahre alt. „Für jeden Hund habe ich eine eigene Choreographie“, erklärt sie. Und das nicht nur zum Spaß: Dogdance, das sich aus dem „Obedience“, dem Gehorsamkeitstraining, entwickelt hat, ist eine Hundesportart, die auf deutschen und internationalen Turnieren ausgetragen wird.
Alles erlaubt beim Freestyle
Dabei unterscheidet man zwei Arten von „Dogdance“: Beim Freestyle ist alles erlaubt, was Mensch und Hund gefällt und zu Rhythmus und Musik passt: Sprints, Seitengänge, Pfötchen geben und der Sprung auf Arme oder Rücken der Besitzerin. Bei „Heelwork to Musik“, Bei-Fuß-Gehen, ist dagegen Disziplin angesagt: Es gibt 18 verschiedene Fußpositionen, die zur Musik korrekt ausgeführt werden müssen und mit Drehungen und Sprüngen kombiniert werden. „Bei 75 Prozent der Choreographie muss der Hund am Fuß bleiben“, erläutert Lewis. Damit kennt sie sich aus: Ihre Hündin Holly wurde 2020 deutsche Vizemeisterin in dieser Disziplin.
Holly kann auch „Freestyle“, wie Lewis beim Einstudieren ihrer neuesten Choreographie zeigt: Zusammen mit ihrer Besitzerin bewegt sich die Hündin im Parcours zu esoterisch klingender Musik, geht auf ihr Frauchen zu und wieder zurück, umkreist eine imaginäre Feuerstelle und springt schließlich auf den Rücken von Andrea Lewis. „Bis eine neue Kür steht, dauert es schon einige Monate“, erzählt sie.
„Dogdance ist Sport und bedeutet viel Arbeit und Training“, sagt auch Nina Neumann. Sie ist die Vorsitzende von „Dogdance International“. Der Verein vertritt fast 500 Mitglieder in 18 Ländern. Am beliebtesten ist Dogdance in Deutschland, Italien, der Schweiz und Österreich. Und es ist ein Frauensport: „99 Prozent der Aktiven sind Frauen.“ Männliche Teams könne man „fast an einer Hand abzählen“.
Auch in der Dogdance-Gruppe, die Katrin Heimsath in ihrem Hundekolleg Münsterland betreibt, kommen regelmäßig vier Frauen mit ihren Hunden zum Training. „Wir üben einmal in der Woche, weil Dogdance eine anspruchsvolle Sportart ist“, sagt die Hundetrainerin aus Erfahrung. Die Hunde seien aber immer mit Spaß bei der Sache. Dass Dogdance tiergerecht ist, bestätigt Katrin Umlauf, Fachreferentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund: „Dogdance kann dem Hund Bewegung und Abwechslung bieten und die Bindung zwischen Mensch und Tier stärken.“
Leckerli nach dem Tanz
Einmal im Jahr organisiert das Hundekolleg Münsterland ein Dogdance Turnier: Dort wird in Fun-Klassen gestartet, aber auch in den offiziellen Klassen „Heelwork to music“ und Freestyle. „Von der gefühlvollen Interpretation eines Musikstücks über das Erzählen einer lustigen Geschichte bis hin zu anspruchsvollem Heelwork ist alles dabei“, sagt Heimsath. Die Tänze und Darbietungen werden von ausgebildeten Richterinnen und Richtern benotet.
Andrea Lewis bereitet gerade ihre jüngste Hündin Betty auf den ersten Turniereinsatz vor. Zu den sanften Tönen des Songs „Good morning starshine“ aus dem Musical „Hair“ bewegt sich die kleine Chihuahua gemeinsam mit ihrer Besitzerin, dreht sich um die eigene Achse, stellt sich auf die Hinterbeine, läuft zwischen Lewis‘ Beinen hindurch. Wenn sie es gut gemacht hat, gibt es ein Leckerli. „Beim Üben ist es wichtig, zeitnah zu belohnen“, erläutert Lewis. Im Wettkampf aber sind keine Hilfsmittel wie Futter, Klicker oder Spielzeug zulässig – dann muss alles sitzen.