Die leise Reise: Erstes E-Passagierschiff auf Bodensee ist seit einem Jahr unterwegs
Schiffe gelten als laut und dreckig und stoßen viel CO2 aus. Auf kurzen Distanzen aber können sie auch elektrisch fahren: Auf dem Bodensee ist seit einem Jahr die „MS Insel Mainau“ unterwegs.
Leichtes Plätschern, sonst Stille: Es wirkt so, als würde die MS Insel Mainau zur Anlegestelle schweben. Es ist das erste vollelektrisch betriebene Fahrgastschiff auf dem Bodensee, Motorengeräusche gibt es keine. „Das ist anfangs gewöhnungsbedürftig, wenn man Verbrennermotoren gewohnt ist“, sagt Schiffsführer Jürgen Marin: „Fahren nach Gehör geht hier nicht.“
Vor einem Jahr, am 17. Juli 2022, wurde das Schiff getauft. Seit September 2022 befördert es Fahrgäste im Dreiecksverkehr zur „Blumeninsel“ Mainau, nach Unteruhldingen und Meersburg. Zugelassen ist es für 300 Personen und fährt mit 12 bis 14 Kilometer pro Stunde – je nach Wind. Dabei verbraucht es täglich bisher nur rund ein Fünftel seiner möglichen Gesamtleistung.
Förderprogramm „Nachhaltige Modernisierung von Binnenschiffen“
Mit der Elektromobilität auf dem Wasser ist die MS Insel Mainau im Trend. Dies liegt auch an einem Förderprogramm des Bundesverkehrsministeriums mit dem Titel „Nachhaltige Modernisierung von Binnenschiffen“. Es bezuschusst unter anderem Neubauten von E-Schiffen, ebenso wie Umrüstungen auf Elektroantriebe, und zwar mit bis zu 90 Prozent.
Davon hat zum Beispiel das Schiff Stadt Essen profitiert, das nach 35 Jahren Dieselantrieb seit Juni 2022 vollelektrisch auf dem Baldeneysee schippert, einem Stausee im Süden von Essen. Auch Fahrgastschiffe mit Hybridantrieb werden gebaut – also einer Kombination aus E-Antrieb und Dieselmotoren. Auf diese Art ist seit 2019 die MS Schwielowsee in Potsdam unterwegs.
Verband: Große Nachfrage nach E-Schiffen
Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik in Hamburg bestätigt auf epd-Anfrage, dass immer mehr Schiffe bestellt werden, die teil- oder vollelektrisch fahren: „Dieser Trend wird in Zukunft sicherlich auch weiter zunehmen“, heißt es, entweder durch Neubestellungen oder durch das Nachrüsten älterer Schiffe.
Die MS Insel Mainau wurde als Katamaran gebaut, so ist der Wasserwiderstand geringer als bei einem herkömmlichen Einrumpf-Schiff. Auch die leichte Aluminium-Konstruktion hilft, weniger Energie zu verbrauchen.
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„Es kommen zurzeit viele Kollegen aus Österreich, der Schweiz und aus anderen europäischen Ländern vorbei, um sich das Projekt anzuschauen. Auch an der Photovoltaikanlage sind sie sehr interessiert“, erzählt Marin. Auf dem Sonnendeck befindet sich eine Dachkonstruktion mit sogenannten „bifazialen Solarzellen“, die das Licht sowohl auf der Oberseite als auch das reflektierte Licht auf der Unterseite einfangen. Die 60 Panels auf dem Dach liefern bei gutem Wetter bis zu 20 Prozent der benötigten Energie für das Schiff. Wenn die Sonnenstrahlen durch die Wolken brechen, sorgen sie für bläuliches Licht an Deck.
Kleine Motoren mit je 75 Kilowatt Leistung
Der Schiffsführer hebelt eine Klappe am Boden auf und zeigt die Batterien: Je rechts und links sind 64 Akkus mit insgesamt 960 Kilowattstunden für etwa 120 Kilometer Reichweite untergebracht. Beeindruckt war er von den zwei kleinen Motoren mit je 75 Kilowatt Leistung: „Anfangs hatten wir etwas unsere Zweifel, ob so zwei kleine Motoren für das große Schiff ausreichen.“ Aber sie seien vom Wirkungsgrad sehr viel effizienter als Verbrennermotoren. Der Bau des gesamten Schiffes hat rund 3,5 Millionen Euro gekostet, die Teile wurden in Stralsund gefertigt und in der Werft in Friedrichshafen montiert.
Charlotta Skoglund, Umweltmanagement-Beauftrage der BSB, sieht die MS Insel Mainau als Pionierin in Sachen Klimaschutz: Ziel sei, in wenigen Jahren ein Schwesterschiff in Betrieb zu nehmen. Bis 2035 soll die gesamte BSB-Flotte – zurzeit 16 Schiffe – dann auf umweltfreundlichere Antriebe umgestellt werden. Bisher habe man einige Schiffe energetisch optimiert und ein freiwilliges Neu-Motorisierungsprogramm ins Leben gerufen.
Am Ende der Fahrt steuert Jürgen Marin die MS Insel Mainau zurück nach Unteruhldingen. Ganz in der Nähe der berühmten Pfahlbauten legt er an. Über einem Geländer baumeln zwei dicke Kabel mit roten Steckern: Hier tankt das E-Schiff mit Strom wieder auf.