Die Greifswalder Bachwoche wird digital

In diesem Jahr muss die Bachwoche in alternativer Form stattfinden. Konzerte und Gottesdienst werden im Internet gestreamt – und das große Fest wird nachgeholt.

Ein Chor im Greifswalder Dom – leider ein Archivfoto
Ein Chor im Greifswalder Dom – leider ein ArchivfotoRainer Neumann

Greifswald. „Die Bachwoche darf und soll nicht ausfallen“, sagte der Greifswalder Professor für Kirchenmusik und Mitorganisator Matthias Schneider bei der Vorstellung des Alternativprogramms für die Bachwoche im Greifswalder Dom. So würden unter dem Motto „Dennoch“ zwei „Bachtage digital“ stattfinden.

Am 13. und 14. Juni wird es demnach ein verkürztes Programm mit digitalen Angeboten im Netz geben – „von Orgel- und Kammermusik bis zum Festgottesdienst“, so Schneider. Die Angebote würden im Dom, in der Marienkirche und in der barocken Aula der Universität vorproduziert und könnten ab 13. Juni, 14 Uhr, unter www.greifswalder-bachwoche.de verfolgt werden.

Eine gewisse Trotzhaltung

Das Motto „Dennoch“ sei in Anlehnung an Bibel-Psalm 73 „Dennoch bleibe ich stets an Dir …“ gewählt worden. Mit Blick auf die Corona-Krise spreche daraus „eine gewisse Trotzhaltung und Zuversicht zugleich“, so Landeskirchenmusikdirektor Frank Dittmer. Gemeinsam mit seinem Hamburger Kollegen Hans-Jürgen Wulf und Matthias Schneider organisiert Dittmer die Bachwoche bereits zum zweiten Mal. Über die abgespeckte Variante seien alle „betrübt, aber wir sind zugleich auch überrascht über die ungekannten Möglichkeiten“.

Die digitalen Bachtage beginnen dabei wie bisher traditionell mit einem Clavichord-Konzert mit Musik unter anderem von Bach und Cabezon, abrufbar ab 14 Uhr. Ab 15 Uhr gibt es Gedanken zum Thema „Dennoch bleibe ich stets an Dir …“ mit Pastorin Nicole Thiel, Leiterin des Hauptbereichs Gottesdienst und Gemeinde der Nordkirche. Einen Vorgeschmack gibt es bereits bei Youtube: „Jesus meine Freude“, gesungen von zahlreichen Sängern und Musikern.

Ab 16 Uhr ist unter dem Titel „Von der Liebe zur Finsternis“ ein Konzert für Viola da Gamba und Barockharfe“ zu sehen. Es folgt um 17 Uhr Orgelmusik von Johann Sebastian Bach, gespielt von Matthias Schneider an der Mehmel-Orgel der Marienkirche. Bach habe nicht nur unübertroffene Orgelmusik geschaffen, auch sein Name berge musikalisches Potenzial, so Kirchenmusiker Schneider.

Die Tonfolge B-A-C-H hat spätere Komponisten zu eigenen Kompositionen angeregt. So hat Robert Schumann 1846 sechs Fugen über dieses Thema veröffentlicht, von denen zwei auf der nur 20 Jahre später, 1866 erbauten Mehmel-Orgel in St. Marien erklingen.

150 Besucher beim Gottesdienst erlaubt

Aber auch Bach selbst war sich des musikalischen Potenzials seines Namens durchaus bewusst: Der „Fuga a tre soggetti“ in der Kunst der Fuge (BWV 1080) fügt er seinen Namen als drittes Thema hinzu, bevor sie unvollendet abbricht. Ab 19 Uhr erklingt ein digitaler Liederabend mit dem Bassbariton Lars Grünwoldt und Raik Harder am Klavier.

Ein digitales Chorkonzert mit der Bachkantate „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ steht um 20 Uhr unter der Leitung von Frank Dittmer auf dem Programm, bevor es um 23 Uhr Orgelmusik im nächtlichen Dom gibt. Daneben werde der Festgottesdienst am Sonntag, 14. Juni, 10 Uhr, zusätzlich auch live zu erleben sein, „damit etwas vom typischen Flair der Bachwoche erhalten bleibt“, so Frank Dittmer. Unter Corona-Bedingungen dürfen bis zu 150 Menschen zum Gottesdienst in den Dom, weitere 150 können der Übertragung auf einer Videowand vor der Kirche auf der Wiese folgen.

Wo eine Chance liegt

Für alle auswärtigen Bachwochen-Freunde gebe es eine ebenfalls vorproduzierte Fassung des Gottesdienstes digital zu erleben. „Und vielleicht birgt die neue Form ja auch die Chance, den Radius interessierter Menschen zu erweitern“, blickt Matthias Schneider optimistisch auf die „Bachtage digital“. Dompastor Tilman Beyrich hofft derweil auf „500 Klicks pro Konzert“.

Die Bachwoche war bis vor zwei Jahren 25 Jahre lang von Kirchenmusikdirektor Jochen A. Modeß geleitet worden, der im Herbst 2018 in den Ruhestand ging. Bisher gibt es keinen Nachfolger. Die Greifswalder Bachwoche ist das älteste Musikfestival in MV. Sie fand erstmals 1946 auf Initiative des Domkantors Hans Pflugbeil statt. Träger des Festivals ist die Nordkirche.