Die etwas andere Andacht

„Unchurching“-Andachten nennt die Bad Segeberger Vikarin Anne Pumperla ihre Gottesdienste, die sie als Podcast im Internet anbietet. Bei ihren jungen Zuhörern kommt das an.

Anne Pumperla
Anne PumperlaThorge Rühmann

Bad Segeberg. Es ist ein warmer Sommertag. Auf einem Spaziergang durch einen Wald in Bad Segeberg lässt sich ein blau glitzernder See erahnen. Begleitet von Vogelgezwitscher erklärt Anne Pumperla, was es mit den „Unchurching“-Gottesdiensten auf sich hat: So nennt die Vikarin der örtlichen Kirchengemeinde kurze, meditative Gottesdienste, die sie online für jedermann ­anbietet.

„Normalerweise verbindet man mit einem Gottesdienst etwas ganz Bestimmtes. Nämlich: 10 Uhr, sonntags, in der Kirche. Ich bin aber überzeugt davon, dass Gottesdienst immer stattfindet und überall, mitten im Alltag“, sagt Pumperla. Deswegen hat die Theologin eine andere Art von Andacht entwickelt – die „Unchurching“-Gottesdienste, in denen sie auf eine undogmatische, offene und persönliche Weise über Gott, Glauben und Spiritualität redet.

Bei Spotify dabei

Die Theologin bietet diese Gottesdienste als Podcast auf www.ganzda.de an. Dort kann man sie sich direkt anhören oder herunterladen und sie dann auch ohne Internet-Verbindung verfolgen. Bei den Streamingdiensten iTunes und Spotify ist Anne Pumperla, ebenfalls vertreten, unter dem Stichwort „Unchurching. Eine andere Art von Gottesdienst“.

Als Podcast bietet Anne Pumperla ihre Gottesdienste an Foto:  Thorsten Frenzel / Pixabay
Als Podcast bietet Anne Pumperla ihre Gottesdienste an Foto: Thorsten Frenzel / Pixabay

Den Begriff „Unchurching“ hat Pumperla angelehnt an das Wort „Unschooling“, das sich etwa mit „freiem Lernen“ ins Deutsche übersetzen lässt. „Dabei geht man davon aus, dass Lernen, Bildung und persönliches Wachstum etwas sind, das nicht in der Schule passiert, sondern was mitten im Leben und durch das Leben stattfindet“, erläutert die Vikarin: „Und so fasse ich Glauben und Spiritualität auf – als etwas Natürliches und Normales, das jeder Mensch in sich trägt.“

Kirchensprech – nein, danke!

Genau das will sie in den Menschen wieder wecken. „Es geht darum, die Beziehung zum Göttlichen zu leben und zu pflegen – und die christliche Botschaft als Grundlage dafür zu nehmen, wie man sein Leben gestaltet“, erklärt sie. Der Weg dahin führt über jede Menge Praxis. Ein- bis zweimal pro Woche bietet die Vikarin und Achtsamkeitstrainerin ihre Gottesdienste an, die zwischen fünf Minuten und einer halben Stunde dauern können. So könne man sie quasi überall und jederzeit anhören: „Beim Aufräumen zu Hause, im Auto, mittendrin im Alltag“, erläutert Pumperla das Konzept. Jeder könne mitmachen, gleich welcher Religion.

Zu Beginn gibt es stets ein Lied, dann folgt ein kurzer Impuls, etwa über Segen, Dankbarkeit, Liebe und Mut, auch die Weihnachtsgeschichte kam schon einmal vor. „Aber ohne in die Kirchensprache zu verfallen“, betont sie. Über allem liege das Grundmotiv „komme zurück zu dir selbst“. Am Ende gibt es stets ­Gebet und Meditation. Ziel sei es, dass die Zuhörer sich gestärkt fühlten für den Alltag – die Gottesdienste seien eine Anleitung, darin klar zu sein und ihn zu ­bestehen.

Mit dem Innneren auseinandersetzen

Es gebe viele Menschen, die Achtsamkeitskurse und Therapien machten, um sich mit ihrer inneren Welt auseinanderzusetzen. „Manche sind evangelisch getauft, würden dafür aber niemals in die Kirche gehen – das finde ich unglaublich traurig“, sagt Pumperla. Sie empfinde es als ihre Aufgabe, die christliche Botschaft mehr Menschen zugänglich zu machen. Kirche sieht sie dabei als eine Methode, um diese zu vermitteln.

Die Theologin bekommt vielfältige Reaktionen von verschiedensten Zuhörern. „Die Menschen bedanken sich häufig bei mir. Offenbar ist es für sie eine Bereicherung im Leben“, sagt sie. Manche stellten Fragen oder würden Themen vorschlagen.

Junge Zuhörer

Bei Spotify wird das ungefähre ­Alter der Nutzer angezeigt – viele sind zwischen 18 und 22 Jahre alt. Diesen jungen Erwachsenen die Botschaft „Ich bin, exakt wie ich bin, genau richtig“ auf den Weg zu geben, sei wunderbar, so Pumperla. „Dann habe auch ich genug Mut, um so etwas anzubieten. Obwohl ich eigentlich eher schüchtern bin.“

Info
Wer in die „Unchurching“-Gottesdienste hineinhören möchte, findet entsprechende Audio­beiträge auf der Internetseite www.ganzda.de. Um sich über Spiri­tualität auszutauschen, kann man Anne Pumperla auch eine E-Mail an anne.ganzda@gmail.com ­schreiben.