Die Bibel lesen
Woche vom 9. bis 15. Januar
Sonntag: Psalm 96
Montag: Johannes 3, 22-36
Dienstag: Johannes 4, 1-26
Mittwoch: Johannes 4, 27-42
Donnerstag: Johannes 4, 43-54
Freitag: Josua 1, 1-18
Samstag: Josua 2, 1-24
Von Stefan Alkier
Dem Anfang (Johannes 1,1-18) folgt das Missverständnis. Johannes wehrt es ab: „Ich bin nicht der Gesalbte.“ (FNT 3, Johannes 1,21). Johannes zeigt sich vielmehr als Zeuge des Gesalbten, des Christus, des Lamm Gottes, des Sohnes Gottes: „Und ich habe gesehen und bezeugt, dass dieser der Sohn Gottes ist.“ (1,34)
Und dem Zeugnis des Zeugen vertrauen zwei Schüler des Johannes. Sie folgen Jesus (1,37) und er lässt sie sehen, wer er ist (1,39) und so werden sie selbst Zeugen. Einer der beiden ist Andreas, der Bruder von Simon, den Jesus mit seiner Vollmacht zum Petrus, zum Fels werden lässt (1,42). Auch Philippus wird von Jesus zur Nachfolge bestimmt und dieser sagt es dem Nathanael weiter und bezeugt ihm gegenüber, wer Jesus ist: „Von wem Mose geschrieben hat im Gesetz und die Propheten, den haben wir gefunden, Jesus, Sohn des Joseph, den von Nazareth.“ (1,45)
Auch den misstrauischen Nathanael (vergleiche 1,46) lässt Jesus sehen, wer er ist, indem er ihm zeigt, dass er ihn schon gesehen hat und ihn noch viel Größeres sehen lassen wird: „Ja wirklich, ja wirklich, ich sage euch: Sehen werdet ihr den Himmel geöffnet und die Engel Gottes hinaufsteigen und herabsteigen auf den Sohn des Menschen.“(1,51) Eine Verheißung, die die Johannesapokalypse an zentraler Stelle wieder aufgreifen wird (vergleiche Offenbarung 19,11)).
Zeugnis Hören – Sehen – Vertrauen – Zeugnis weitergeben, fast wie ein Kettenbrief, darum geht es in den ersten vier Kapiteln des Johannesevangeliums immer wieder. Und was wird bezeugt? Nichts anderes, als das stimmt, wovon der Prolog Kunde gegeben hat: „Und das Wort wurde Fleisch und schlug sein Zelt auf unter uns und wir schauten seinen Glanz“ (Johannes 1,14a).
Das Zeugnis des Johannesevangeliums fordert kein dogmatisches Glaubensbekenntnis oder das Fürwahrhalten irgendeiner theologischen Lehre. Es geht schon gar nicht um Kirche – das Wort ekklesía (Versammlung, Gemeinde, ab dem 2. Jahrhundert dann auch Kirche) findet sich im Johannesevangelium nicht. Es geht um diese unfassbare Nähe zum Anfang, zum Schöpfungswort Gottes und um seine Gestaltwerdung im Leben, Sterben und Auferstehen Jesu von Nazareth.
Wer seine Geschichte mit den Augen des Johannesevangeliums sieht und ihr vertraut, darf sich Kind Gottes nennen (vergleiche 1,12). Dem wird der gute Anfang, von dem die Bibel auf den ersten Seiten erzählt, gegenwärtig und der noch bessere Schluss, von dem die letzten Seiten der Bibel erzählen, Gewissheit. Und zwischendurch kann dann ruhig auch mal Wasser zu Wein werden (vergleiche 2,1-11).
l Stefan Alkier ist Professor für Neues Testament und Geschichte der Alten Kirche am Fachbereich evangelische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main.