Die Bibel lesen

Woche vom 13. bis 19. Mai

Sonntag:    Psalm 68, 20-36
Montag:     Hebräer 7, 11-22
Dienstag:     Hebräer 7, 23-28
Mittwoch:     Hebräer 8, 1-13
Donnerstag:     Hebräer 9, 1-10
Freitag:     Hebräer 9, 11-15
Samstag:     Hebräer 9, 16-28

Im Bekenntnis der Gemeinde, also im „offiziellen“ Credo wurde Jesus nicht der Hohe Priester genannt. Wohl geschieht das aber im Gebet und im Lied, im gottesdienstlichen Geschehen also, in dem viele Einflüsse von außen übernommen und „verarbeitet“ werden. Zu diesen fremden, aus dem Umfeld kommenden Einflüssen muss man damals die Gnosis rechnen. Auf diese Bewegung stößt man beim frühen Christentum immer wieder.

Ein Hauptgedanke der Gnosis ist die Vorstellung von einem mystischen göttlichen Funken, der auf die Erde niedergeht, auch irdische „Verkleidung“ annimmt, um sein Erlösungswerk zu tun, dabei aber doch in Wahrheit immer göttlich bleibt. Ein solcher Jesus wäre dann zwar unter Menschen gewesen, aber er wäre in Wirklichkeit nie Mensch geworden! Dazu hat die Gnosis viele christliche Motive aufgegriffen, so dass eine oft verwechselbare Nähe zur eigentlichen Frohen Botschaft entstand.

Man kann diese Tatsache nicht dadurch abschwächen, dass man die Abhängigkeit etwa des Hebräerbriefes von der Gnosis nur als eine formale Übernahme von Begriffen und Gedanken versteht. Man muss sehen, dass eine echte, wenngleich zuweilen gefährliche Verwandtschaft besteht und sich die urchristliche Botschaft dieses Mythos und seiner Ausdrucksformen in gewisser Weise bedienen konnte.
Die Haltung des Christentums der Gnosis gegenüber war jedenfalls nicht einfach ablehnend. Bei bestimmten Themen waren Gnosis und Christentum verwandt und für manche Menschen wohl auch verwechselbar.

Aber dann zeigte sich auch bald die Unvereinbarkeit beider Botschaften. Christus ist wahrer Mensch und wahrer Gott! Er ist geboren, nicht geschaffen! Maria hat ihn zur Welt gebracht. Er entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, heißt es in Philipper 2.

Es waren keine einfachen Auseinandersetzungen, es gab regelrechte Kämpfe, ehe diese Grenzen klar waren. Aber selbstverständlich schließt das wiederum nicht aus, dass es auch echte, christliche, etwa mystische Frömmigkeit gibt, die auf diesem Gedankengut aufbaut.

Es fällt heute schwer, so über den Kreuzestod Jesu zu sprechen wie es in dem Abschnitt über das „Opfer Christi“(Kapitel 9) geschieht. Schon das erste Menschenopfer (1. Mose 22), von dem in der Bibel die Rede ist, endet mit dem Engelsruf: „Lege deine Hand nicht an den Knaben!“ Und Abraham hält inne und tötet seinen Sohn Isaak nicht! Es ist schwer vorstellbar und passt überhaupt nicht zum Vaterbild des Neuen Testamentes, dass Gott mit seinem eigenen Sohn anders handelt und ihn „opfert“.