Vor gut einer Woche hatten Mitarbeiter der Deutschen Welle, ihrem Arbeitgeber, Antisemitismus vorgeworfen. Nun reagiert die Anstalt und weist die meisten Vorwürfe zurück. Fehler gesteht man aber dennoch ein.
Die Deutsche Welle (DW) wehrt sich gegen Antisemitismusvorwürfe, die mehrere Beschäftigte anonym geäußert hatten. In einem am Montag auf der Webseite veröffentlichten Statement weist das Medienhaus Anschuldigungen zurück, man berichte einseitig israelkritisch über den Krieg in Nahost. Vor gut einer Woche war in der “Evangelischen Zeitung” ein Bericht erschienen, in dem Beschäftigte des deutschen Auslandsrundfunks ihren Arbeitgeber anonym scharf angegriffen hatten.
Demnach hätte die Anstalt “kontinuierlich gegen die journalistischen Standards der Pluralität, Neutralität und Unabhängigkeit” verstoßen. Der Sender betont dagegen, dass diese Standards “für jeden Beitrag der DW gelten und daraufhin geprüft werden. Sollten einzelne Beiträge von diesen journalistischen Standards abweichen, werden sie korrigiert.”
Die Beschäftigten beklagten außerdem, es gebe zu wenig kritische Berichterstattung über die Hamas und die libanesische Hisbollah. Darüber hinaus seien “linksgerichtete und antiisraelische” Bewerber in Auswahlprozessen bevorzugt worden. Antisemitische Kommentare auf den Social-Media-Kanälen seien nicht konsequent gelöscht worden, so eine frühere DW-Mitarbeiterin im Gespräch mit der “Evangelischen Zeitung”. Beim letzten Punkt räumt die Deutsche Welle Nachholbedarf ein: “Richtig ist die Wahrnehmung, dass antisemitische und andere diskriminierende Kommentare teilweise zu lange unter DW-Posts stehen bleiben”, heißt es im Statement des Senders. Man baue deshalb das Community Management weiter aus und nutze hier auch KI, um schneller reagieren zu können. Alle weiteren Vorwürfe weist die Deutsche Welle aber zurück.
Insbesondere die Anschuldigung, man bevorzuge “linksgerichtete und antiisraelische Mitarbeiter” in Bewerbungsprozessen sei falsch, so das Medienhaus. Nach ähnlichen Vorwürfen, die vor vier Jahren gegen das Haus gerichtet worden waren, stelle man sicher, dass Bewerberinnen und Bewerber sich gegen Antisemitismus und andere Formen von Diskriminierung positionierten. Außerdem habe man ein Kompetenzteam zu Antisemitismus, Jüdischem Leben, Israel und den Palästinensischen Gebieten eingerichtet, das allen Mitarbeitern bei der Gestaltung des Programms zur Seite stehe. Darüber hinaus gebe es interne Stellen, an die Beschäftigte sich mit ihren Bedenken wenden können, so die Deutsche Welle.
Die Mitarbeiter hatten im Bericht der “Evangelischen Zeitung” anonym von Schikanen berichtet, wenn man intern Kritik an antisemitischen Tendenzen äußere. Auch der Verband Jüdischer Journalistinnen und Journalisten (JJJ) betonte in einer Stellungnahme, dass eine interne Aufarbeitung nicht ausreiche. Die Deutsche Welle solle auf “externe Expertise zurückgreifen” und Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, einem neutralen Außenstehenden ihre Eindrücke zu schildern, so der Verband. “Sofern sich die bisher bekannt gewordenen Hinweise auf systematische Israelfeindlichkeit erhärten, müssen Konsequenzen gezogen werden”, so die Co-Vorsitzende des JJJ, Susanne Stephan.
Auch Medienstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) hat nach den Berichten eine Aufklärung der Vorwürfe gefordert. Hinweise auf Verstöße gegen eine ausgewogene Berichterstattung und journalistische Standards seien von den DW-Gremien sorgfältig zu prüfen. Weimer ist selbst Mitglied des Rundfunkrates der Deutschen Welle.