Der wiederkehrende Alptraum

Für viele Tiere ist Silvester purer Stress: Böller-Lärm und Raketen-Duft machen ihnen zu schaffen. Was Halter tun sollten – und was nicht.

Laute Böller und Raketen sind für Hunde ein großes Problem
Laute Böller und Raketen sind für Hunde ein großes ProblemImago / Marius Schwarz

Das Jahr neigt sich dem Ende zu, und damit rückt auch Silvester näher. Für Haustier-Besitzer bedeutet der Jahreswechsel oft eine Herausforderung. Schließlich kommen viele Tiere mit der Knallerei an Silvester nicht gut zurecht – und es liegt an ihren Haltern, ihnen die laute, beunruhigende Zeit so erträglich wie möglich zu machen.

Dabei ist es nicht nur die laute Geräuschkulisse, die Haus- und Wildtiere verschreckt. Hinzu kommt auch der Geruch, den Böller und Raketen in der Luft hinterlassen. Kommen ihre sensiblen Sinne den Tieren im restlichen Jahr zugute, bedeutet diese extreme Wahrnehmung der Umgebung an und um Silvester einen Nachteil. „Für die meisten Tiere ist die Silvesterknallerei ein wahrer Alptraum“, sagt Hester Pommerening vom Tierschutzbund.

Winterruhe gestört

Dabei sind nicht nur Hunde, Katzen, Vögel oder Pferde betroffen, sondern auch exotischere Tiere: So können etwa auch Reptilien unter dem Lärm in der Silvesternacht leiden – selbst wenn sie sich um den Jahreswechsel herum in der Winterstarre befinden. Während sich Landschildkröten in ihrer Winterruhe kaum stören lassen, kann Raketen- und Böllerlärm etwa für Bartagamen oder Leopardengeckos Stress bedeuten: Ihre Winterruhe ist leichter, eine Störung kann bei ihnen zu Probleme mit dem Hormonhaushalt oder dem Energiestoffwechsel führen.

Hunde an die Leine

Bereits einige Tage vor der Silvesternacht sollten Halter Käfige und Terrarien mit Tüchern abdunkeln und dafür sorgen, dass die Tiere sich dort verstecken könnten, rät der Deutsche Tierschutzbund. Zudem sollten Tiere auch ein paar Tage vor Silvester nicht mehr aus ihren Terrarien genommen werden.

Tierschützer empfehlen zudem, Hunde beim Gassigehen besser angeleint zu lassen und Katzen sicherheitshalber im Haus zu lassen. Einen Rückzugsort zu schaffen, ist für Hunde und Katzen ebenso wichtig wie für exotischere Tierarten. Abgedunkelte Fenster und Räume helfen auch ihnen. Bei Vögeln ist es zudem ratsam, abgehängte Käfige in Zimmer zu stellen, die nicht zur Straße hinausgehen.

Nicht so lustig, wie es aussieht: Auch Katzen haben zu Silvester Angst
Nicht so lustig, wie es aussieht: Auch Katzen haben zu Silvester AngstImago / Westend61

Wer etwa Schildkröten, Kaninchen und andere Kleintiere im Garten hält, muss unbedingt darauf achten, dass keine Feuerwerkskörper in Außengehegen landen. Von besonderer Bedeutung sei jedoch, dass die Besitzer ihre Tiere nicht allein lassen, wenn Hund, Katze und Co. Panik beim lauten Jahreswechsel verspüren, betont Pommerening.

Der Mensch kann sich aber auch zu sehr um sein Tier kümmern und damit noch mehr Stress verursachen. So kann ein allzu fürsorglicher Hundebesitzer, der um die Silvesterangst seines Vierbeiners weiß, dessen Verhalten unbewusst verstärken, wie der Bonner Tierarzt Guido Müller sagt. „Die Tiere verstehen den Grund der Zuwendung nicht und denken, ihr Herrchen ist genauso aufgeregt.“ Stattdessen sollte der Halter ruhig bleiben und entspannt auf seinen Hund wirken.

Drama wird größer

Zudem sollte man dem Tier die Möglichkeit geben, „einen Wohlfühlort aufzusuchen und mit ruhiger Nähe die Situation beruhigen“. Bei panischen Tieren sollten deren Halter rechtzeitig einen Tierarzt aufsuchen, so Müller. „Bei fast allen Tieren verstärkt sich die Angst, wenn sie unbehandelt bleibt – und das Drama wird immer größer.“

Auch wer selbst keine Tiere hat, sollte überlegen, ob es das große, laute Feuerwerk sein muss: Schließlich leben auch Wildtiere in der Umgebung von Menschen. Vom Eichhörnchen im Baum bis hin zum Igel, der im Gestrüpp in seinem Bau den Winter verschlafen möchte – alle werden durch Silvesterknallerei aufgeschreckt. Die Tiere müssen ihren Stoffwechsel schlagartig hochfahren, um fliehen zu können, wie Jenifer Calvi von der Deutschen Wildtierstiftung erklärt. Dabei werde Energie verbraucht, die eigentlich für das Überleben im Winter sorgen soll und sich nicht einfach ersetzen lässt.

Wildtiere, die im entfernten Feld oder Wald leben, hätten es da besser. Hirsche, Rehe oder Wildschweine ziehen sich demnach beim Silvesterlärm so tief in den Wald zurück, dass sie kaum mehr als ein Donnergrollen in der Ferne hören. Grundsätzlich gilt also für Tierliebhaber: Wer nicht mitböllert, spart nicht nur Geld, sondern tut anderen Lebewesen auf jeden Fall etwas Gutes.