Der Weg zum Leipziger Einheitsdenkmal
In Leipzig soll voraussichtlich von Oktober 2025 an ein Freiheits- und Einheitsdenkmal entstehen. Ein Jahr zuvor entschied ein Leipziger Architekten- und Künstlerteam jetzt einen internationalen Wettbewerb für sich. Es ist bereits der zweite Anlauf für das Denkmal. Der Evangelische Pressedienst (epd) zeichnet die wichtigsten Stationen auf dem langjährigen Weg nach:
November 2007: Der Bundestag beschließt, in Berlin ein Freiheits- und Einheitsdenkmal zu bauen. Leipzig und frühere DDR-Bürgerrechtler bringen die Messestadt als weiteren Standort ins Spiel.
Dezember 2008: Auf Initiative von sächsischen Abgeordneten beschließt der Bundestag, auch in Leipzig stellvertretend für ganz Ostdeutschland einen Ort zu schaffen, der die Freiheitsbewegung von 1989/90 würdigt.
Januar 2009: Der Bund will das Leipziger Denkmal mit fünf Millionen Euro unterstützen. Weitere 1,5 Millionen Euro soll der Freistaat Sachsen übernehmen.
April 2009: Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) startet eine öffentliche Diskussion zum möglichen Standort des Denkmals. Zur Auswahl stehen Augustusplatz, Wilhelm-Leuschner-Platz und der Bereich gegenüber dem Hauptbahnhof. Alle Plätze befinden sich innerhalb des Leipziger Rings, an dem die Demonstranten im Herbst 1989 entlangliefen.
Juni 2009: Der Leipziger Stadtrat nimmt den Auftrag des Bundestags an und beginnt mit ersten Planungen für eine Umsetzung.
2010: Nach dem Scheitern des ersten Gestaltungswettbewerbes zum Berliner Einheitsdenkmal folgen öffentliche Debatten zum Wie, Warum, Wo und Wann des nationalen Denkmals in Leipzig. Sachsens Landtag stellt für das Projekt eine finanzielle Förderung in Aussicht.
Februar 2011: Laut einer Umfrage wünschen sich 66 Prozent der Leipzigerinnen und Leipziger für das neue Denkmal einen Standort mit Bezug zu den Montagsdemonstrationen von 1989. Jeder Zweite gibt an, dass es inhaltlich für „die Zivilcourage der Bürger zur Überwindung eines totalitären Regimes“ stehen soll.
Mai 2011: Die Leipziger Ratsversammlung spricht sich für den Leuschner-Platz als Standort für das neue Denkmal aus. Der ambitionierte Zeitplan sieht vor, das Denkmal zum 25. Jahrestag der friedlichen Revolution 2014 einzuweihen.
Oktober 2011: Der internationale Wettbewerb für das Leipziger Einheitsdenkmal startet zum 22. Jahrestag der friedlichen Revolution.
November 2011: Leipzig soll am Standort des neuen Denkmals einen „Platz der Friedlichen Revolution“ bekommen. Der Stadtrat beschließt, dafür einen Teil des Wilhelm-Leuschner-Platzes im Zentrum umzubenennen.
Dezember 2011: Für das Einheitsdenkmal sind 325 Bewerbungen aus 31 Ländern eingegangen. 41 Teilnehmende aus zehn Ländern werden für den nicht offenen Wettbewerb zugelassen.
Juli 2012: Eine Jury wählt drei Entwürfe aus. Der erste Preis geht an den Entwurf mit dem Titel „70.000“ des Münchner Büros M+M Marc Weis und Martin de Mattia und Annabau Architektur und Landschaft aus Berlin. Auf Platz zwei landen die Berliner Architekten Jan und Tim Edler mit ihrer Demokratiewerkstatt „Stiftung an die Zukunft“. Das Leipziger Büro Anna Dilengite, Tina Bara und Alba d Urbano erhält den dritten Preis für den Entwurf „Keine Gewalt – Herbstgarten“.
Juli 2012: Die Entwürfe werden in Leipzig öffentlich vorgestellt.
Juli 2013: Die Preisträgerentwürfe werden auf Wunsch der Stadt von einem Extra-Gremium neu bewertet – im Hinblick auf eine Weiterentwicklung. Die Sieger hatten zuvor Gelegenheit, innerhalb von sechs Wochen ihre Arbeiten im Wesentlichen nach den Hinweisen aus der Juryentscheidung von 2012 zu qualifizieren. Im Ergebnis verzeichnet nun der dritte Preis, „Herbstgarten“, einen „leichten Vorsprung“. Es folgen mit knappem Abstand der zweite Preisträger „Eine Stiftung an die Zukunft“ und schließlich der erste Preisträger mit „70.000“. Das Votum vom Vorjahr steht kurzerhand auf dem Kopf. Die weiterentwickelten Entwürfe werden im Neuen Rathaus in Leipzig ausgestellt.
Sommer/Herbst 2013: M+M München und Annabau Berlin, Preisträger des
Wettbewerbs mit dem Entwurf „70.000“, stellen einen Antrag bei der ersten Vergabekammer des Freistaates Sachsen auf Nachprüfung des Verfahrens. Sie wenden sich gegen die Phase der Weiterentwicklung der sich noch im Verfahren befindenden drei Entwürfe und begehren die Wiederherstellung des Status nach der Juryentscheidung. Die ausstehende Entscheidung der Vergabekammer blockiert eine Abstimmung im Stadtrat, die den Weg für Verhandlungen mit den Wettbewerbssiegern frei machen sollte.
Anfang Dezember 2013: Die erste Vergabekammer des Freistaates Sachsen entscheidet zugunsten des Leipziger Entwurfs „Herbstgarten“. Fristwahrend legt der Wettbewerbssieger gegen den Beschluss beim Oberlandesgericht Dresden Beschwerde ein. Inhalt der Auseinandersetzung ist nach wie vor die gegensätzliche Auffassung von Preisträger und Auslober des Wettbewerbs darüber, ob die Phase der Weiterentwicklung der Entwürfe zulässig ist und welchen Stellenwert sie im Verfahren einnimmt. Zu diesem Sachverhalt konnte die Vergabekammer aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Beschluss fassen.
Februar 2014: Das Dresdner Gericht verkündet, dass der Wettbewerb teilweise wiederholt werden muss. Es gibt der Klage der Architektenbüros M+M München und Annabau Berlin Recht. Die zweite Wettbewerbsrunde muss nun in Teilen erneut realisiert werden. Das Gericht fordert die Stadt Leipzig auf, die Kriterien zur Bewertung vorab klar zu formulieren.
Juli 2014: Die Fraktionen von SPD, CDU und Grünen im Leipziger Stadtrat legen einen Antrag vor, der das laufende Vergabeverfahren für das Freiheits- und Einheitsdenkmal für beendet erklärt. Vorgeschlagen wird auch, den Ratsbeschluss über den Standort am Wilhelm-Leuschner-Platz aufzuheben. Nach den Querelen um den Wettbewerb legt der Stadtrat das Vorhaben auf Eis. Mehrheitlich wird dafür gestimmt, das Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt neu aufzurollen.
2017: Der Bundestag erneuert seinen Beschluss, in Leipzig ein Freiheits- und Einheitsdenkmal zu errichten.
2018: Laut einer repräsentativen Umfrage befürworten fast 80 Prozent der Leipzigerinnen und Leipziger und 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger bundesweit das geplante Denkmal am Standort Leipzig.
September 2021: Die Stiftung Friedliche Revolution wird für einen Neustart vom Leipziger Stadtrat beauftragt, einen Standort-Vorschlag zu erarbeiten und ein Konzept für den künstlerischen Wettbewerb zu entwickeln und umzusetzen.
Oktober 2021: Die Stiftung Friedliche Revolution richtet in der Kupfergasse 2 in der Leipziger Innenstadt eine „DenkmalWerkstatt“ als Begegnungsort, Büro und Ausstellungsraum ein.
Januar 2022: Ein Bürgerrat prüft und diskutiert mögliche Standorte und gibt nach geheimer Abstimmung eine Standortempfehlung für den Wilhelm-Leuschner-Platz ab.
Juni 2022: Der Leipziger Stadtrat nimmt den Standortvorschlag des Bürgerrats und das Wettbewerbskonzept der Stiftung Friedlichen Revolution an.
2023: Die Stiftung Friedliche Revolution macht das Denkmalvorhaben weiter bekannt und unterstützt bei der Umsetzung des künstlerischen Wettbewerbs. Die Ausstellung „Das Denkmal ist…“ wird am geplanten Standort auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz gezeigt und tourt anschließend durch mehrere Städte. Die „DenkmalWerkstatt“ zieht ins Hansahaus um.
Juni 2024: Der zweite künstlerische Wettbewerb wird international ausgelobt.
Oktober 2024: Der Wettbewerb wird entschieden. Der Entwurf „Banner, Fahnen, Transparente“ eines Teams mit Architekten und einer Künstlerin aus Leipzig gewinnt. Der Weg für die Umsetzung ist damit frei. Baubeginn soll im Oktober 2025 sein.