Der Weg beginnt im eigenen Herzen

Frank Leutloff entdeckte das Pilgern

Der Weg beginnt im eigenen Herzen

Frank Leutloff ging bis nach Santiago. Jetzt macht er eine Ausbildung zum Pilgerbegleiter

Von Susanne Atzenroth

Eines Tages schloss er die Bürotür hinter sich und ging einfach los, 2700 Kilometer auf Jakobswegen von ­Berlin nach Santiago de Compostela. Knapp vier Monate pilgerte Frank Leutloff täglich rund 27 Kilometer durch Land und Flur und Stadt und Dorf – bis er am 7. Juli 2018 am Ziel und vor allem bei sich angekommen war: „Der Glaube und die Offenheit der Menschen, die ich auf dem Weg traf, haben mich tief ­berührt und verändert.“ Seine ­bewegenden Empfindungen möchte er gerne anderen vermitteln. Daher nimmt er an einer Aus­bildung zum/zur Zertifizierten ­Pilgerbegleiter/in teil, die das Amt für Kirch­liche Dienste (AKD) erstmals anbietet.

Als Frank Leutloff sich entschloss, nach Santiago zu gehen, hätte er sich nicht als spirituellen Menschen bezeichnet. Es war die Muschel, die ihm den Weg wies: ­„Irgendwann fielen mir überall die gelb-blauen Markierungen mit der Jakobsmuschel ins Auge – auf meinen Wanderungen, die ich gerne im Umland unternahm, aber auch mitten in Berlin, sogar direkt vor meinem Büro.“ Ganz allmählich nahm der Gedanke, ihr zu folgen, Gestalt an und er beantragte bei seinem Arbeitgeber ein viermonatiges Sabbatical.

Die Jakobsmuschel trägt er am Rucksack. Unbeschadet hat sie die Pilgerreise nach Santiago überstanden, nur eine kleine Zacke eingebüßt. Nun begleitet sie ihn auf den Jakobswegen in Brandenburg und Deutschland, die er sich allein oder in der Gruppe erläuft. Nach ­seiner Rückkehr aus Santiago suchte und fand er Gleichgesinnte in der Jakobus­gesellschaft Brandenburg-Oderregion, deren Schriftführer er inzwischen ist. „Beim Gehen in der Natur kommen meine Gedanken zur Ruhe,“ so der 56-jährige Familienvater, der als Spezialist für Zoll und Export bei einem großen Elektronik-hersteller arbeitet.

Zum Abschluss der Pilgerbegleiter-Ausbildung 2022 ist eine gemeinsame Pilgerwanderung geplant. Fünf Tage geht es auf die Nordroute von Frankfurt (Oder) bis Bernau. In kleinen Teams werden sie spirituelle ­Impulse vorbereiten, die die Etappen begleiten. Das können Meditationen oder Achtsamkeitsübungen sein, an besonderen Plätzen in der Natur oder in Kirchen am Weg.

So ein Ort ist für Leutloff der Bibelgarten auf dem Ökohof Engler, der in Serwest bei Chorin direkt am Pilgerweg Via ­Imperii liegt. Das große Holzkreuz in der weiten Landschaft erinnert ihn an das Gefühl von Freiheit, das ihm das Auf-dem-Weg-Sein schenkt, aber auch an die feste Gründung im Glauben, für die das Kreuz steht. Spontan fällt ihm der 20. Vers aus Matthäus 28 ein: „Christus spricht: Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

Es fällt ihm zunehmend leichter, ­Impulse aus der Bibel in sein Lebenskonzept einzuweben. Auch das war Inhalt der Ausbildung. Die anderen elf Teilnehmenden sind zu Gefährt*-innen geworden. „Ich habe gespürt, wie der Heilige Geist in der Gemeinschaft der Pilgernden wirkt. Genau das möchte ich als ­Pilgerbegleiter gerne weiterver­mitteln“, so Leutloff, „Der Weg beginnt immer im eigenen ­Herzen, erst dann folgen die Füße.“

In der Facebook-Gruppe „Jakobsweg(e), von überall nach Santiago“ teilen Frank Leutloff und andere Pilgernde ihre Erfahrungen.

Dort findet sich auch das Tagebuch seiner Pilgerreise nach Santiago. Begleitete Pilgerwanderungen finden sich auf: www.brandenburger-jakobswege.de