Der Traum von Weihnachten

Warum das Fest von Liebe, Licht und Wärme gerade in schweren Zeiten gut tut bedenkt Gerd-Matthias Hoeffchen. Dabei ist er dankbar, dass die Kraft, die von Weihnachten ausgeht, lange trägt.

Weihnachten ist mehr als ein Traum.
Weihnachten ist mehr als ein Traum.TSEW

Manchmal wacht man auf, und da sind da noch die Reste dieses Traumes. Irgendetwas Lichtes, Helles. Irgendetwas, in dem… und dann verblasst die Erinnerung schon wieder. Man weiß nur noch: Es war schön und beschwingend, was ich geträumt habe. Ein Ort, an dem ich mich wohl gefühlt habe.

Die Stimmung eines verblassenden Traumes kann einen Menschen noch stundenlang tragen, manchmal sogar den ganzen Tag. Das gilt leider auch für die schweren, dunklen Träume. Aber eben und ganz besonders für die hellen, warmen Träume.

Weihnachten ist so ein Traum.

Das ganze Jahr über funktioniert der Mensch. Es gibt die schönen Momente und die weniger schönen. Schicksalsschläge. Auch die Freude am Geburtstag. Oder beim Urlaub am Meer oder in den Bergen. Und die Beerdigung von Mama oder Opa.

Und dann kommt Weihnachten.

Plötzlich werden die Menschen anders. Sie backen. Schmücken ihre Häuser. Besorgen Geschenke. Plötzlich sind auch diese Lieder wieder da. Im Radio. Auf den Weihnachtsmärkten. Im Kaufhaus. Das ganze restliche Jahr über wären sie zu süßlich, zu kitschig. Jetzt findet man sie toll. Auch die Spendenaufrufe allerorts gehören dazu. Denn auch Marketingfachleute wissen: In der Weihnachtszeit öffnen die Menschen ihre Herzen – und Portemonnaies.

Warum ist das so?

Warum ist Weihnachten so anders als der Rest des Jahres?

Weihnachten ist eine Auszeit. Der Mensch braucht solche Zeiten, in denen er einfach mal die üblichen Sorgen ein Stück weit zur Seite schieben kann. Weihnachten mit seiner Atmosphäre von Licht und Wärme eignet sich dazu perfekt; gerade dann, wenn die Dunkelheit und Kälte wieder in das Leben angekrochen kommen. Wie in ein warmes Bad taucht man ein – oder eben in einen schönen, behaglichen Traum –, kann sich entspannen. Wohlfühlen. Kraft tanken. Ein guter Traum ist sehr viel mehr als Trugbild oder Fantasie.

Sicher, auch an Weihnachten ist nicht alles perfekt. Oft genug holt einen der Alltag ein; um im Bild zu bleiben: Man wird herausgerissen aus dem schönen Traum. Manchmal ist Weihnachten ein Albtraum.

Von Kindheit an vertraute Riten

Und doch – da sind die Weihnachtsmärkte mit ihren Düften und Gerüchen. Die Adventskränze, die Kerzen. Und wer es einmal ausprobieren mag: auch die Andachten und Gottesdienste, die einen zur Ruhe kommen lassen, Besinnung, Frieden und Stärke geben können. Von Kindheit an ist dies vertraut; wie ein kuscheliger Traum, der immer wieder neu Geborgenheit schenkt.

Allerdings hat Weihnachten auch noch eine ganz andere Seite. Am Anfang von Weihnachten stand ja gerade keine Entspannung, keine Auszeit vom Stress. Maria, Josef im Viehschuppen, das Jesuskind im Futtertrog – da kann man schwerlich von einem Abtauchen in eine Wohlfühl-Atmosphäre reden. Das waren Furcht und Bangen pur.

Und trotzdem war da von Anfang an auch der Jubelgesang der Engel: „Heute kommt das Heil in die Welt.“ Da war die Freude darüber, dass etwas Entscheidendes geschehen ist. Von Anfang an waren die Hirten dabei, die andächtig niederknieten, und die drei Weisen, die ihre Geschenke mitgebracht hatten. Die Überlieferung hat Weihnachten von Beginn an als ein Fest der Freude und des Jubels gesehen.

Das Heil gilt allen Menschen

Über all das Jubeln darf nicht vergessen werden, dass das Heil, das in die Welt kam, allen Menschen gilt. Und deshalb gehörte auch diese Botschaft von Anfang an zu Weihnachten: Denkt an alle – auch und gerade an die, denen es nicht so gut geht. Sorgt für sie. Geht zu ihnen, sprecht von ihnen und vor allem: sprecht MIT ihnen. Auch dabei geht es wieder um Wärme, Trost, Licht und Stärke. Um das Heil im ganz umfassenden Sinn.

Denn ein Traum kann noch etwas sein: Inspiration. Erkennen. Begeisterung. Mit den Worten des Glaubens: Prophetie. Im Traum, davon erzählt die Bibel immer wieder, kann es passieren, dass Gott sich zu Wort meldet.

Ja, nach ein paar Tagen ist Weihnachten wieder vorbei, die Auszeit beendet. Die Bäume werden abgeräumt. Der Alltag mit Kälte und wenig Tageslicht, mit Sorgen (und Geschenke umtauschen) übernimmt das Kommando. So wie ein Traum, der verblasst. Aber dessen Wärme und Stärke noch anhalten.

Weihnachten mag nur ein paar Tage im Jahr sein. Aber da ist Kraft drin, die lange trägt.