Der Traum vom Fliegen

Der Traum vom Fliegen ist uralt. Patrick Schmidt hat ihn sich erfüllt und eine Lizenz als Privatpilot gemacht. Danach hat er auch die Ausbildung zum Verkehrspiloten begonnen.

Schon seit er denken kann, träumt Patrick Schmidt vom Himmel. Fliegen, das ist für den 33-Jährigen eine Offenbarung. Nun hat er auch seinen Pilotenschein – ein langer Weg ins Cockpit.
Schon seit er denken kann, träumt Patrick Schmidt vom Himmel. Fliegen, das ist für den 33-Jährigen eine Offenbarung. Nun hat er auch seinen Pilotenschein – ein langer Weg ins Cockpit.shutterstock.com/fran_kie

Wann haben die Menschen angefangen, vom Himmel zu träumen? Als sie den Wolken zusahen, wie sie übers Firmament jagten? Als sie des Nachts die Sterne bestaunten? Als sie den Flug der Vögel bewunderten und sich wünschten, sich ähnlich leicht in die Luft schwingen zu können; fort, einfach fort, um alles unter sich zurückzulassen, was sie bedrängte und bedrohte?

Patrick Schmidt weiß genau, seit wann er vom Himmel träumt. „Seit ich denken kann“, sagt der 33-Jährige aus Castrop-Rauxel. „Schon als Kind hatte ich den Wunsch, einfach abheben zu können und mich in die Lüfte zu schwingen.“ Als er mit den Eltern in den Urlaub nach Griechenland flog, war das wie eine Offenbarung. Der Start, die Beschleunigung des Flugzeugs; der Moment, als die Maschine vom Boden hochging – „das war der Moment, den ich nie vergessen werde“, sagt Petty, wie ihn seine Freunde nennen. Von da an war es um ihn geschehen. Fliegen, das wurde dem jungen Patrick Schmidt zur Leidenschaft; der Traum geriet zur Sehnsucht, die Sehnsucht zum festen Vorhaben: „Irgendwann will ich selbst mal so ein Flugzeug in den Himmel steuern.“

Als „Flieger“ beim Bodenpersonal

Erst aber stand die Schule an. Dann die Bundeswehr. Fast wie Ironie erscheint, dass er für die damals neunmonatige Zeit der Wehrpflicht der Luftwaffe zugeordnet wurde – allerdings dem Bodenpersonal. Schmidt durfte sich „Flieger“ nennen – das ist der Dienstgrad während der ersten drei Monate – ein Fluggerät bestieg er während der neun Monate aber nicht. „Es gab die Chance, mich zum Piloten ausbilden zu lassen, ich hätte mich für zwölf Jahre als Berufssoldat verpflichten müssen“, erinnert er sich. Eine Laufbahn beim Militär, das wollte er aber nicht.

Stattdessen wurde Patrick Schmidt Rettungsassistent, später Brandmeister bei der Berufsfeuerwehr Castrop-Rauxel. „Ich liebe diesen Beruf“, sagt er. Anderen zu helfen, das sei neben dem Traum vom Fliegen seine zweite große Leidenschaft. „Klar, ich stand ständig vor der Frage, ob ich nicht doch noch die Ausbildung zum Verkehrspiloten machen sollte“, so Schmidt. Doch dieser Arbeitsmarkt sei hart umkämpft, die Flugbranche starken Schwankungen unterworfen. Dagegen die Anstellung bei der Feuerwehr als Beamter auf Lebenszeit, das sei nicht zu verachten.

Der Traum blieb

Und so fuhr Patrick Schmidt seine Einsätze als Feuerwehrmann, engagierte sich in der evangelischen Kirchengemeinde, spielte Gitarre und sang in Gottesdiensten. „Alles war gut“, erinnert sich Schmidt. Nur der Traum, der blieb. In seiner Freizeit besuchte er Flughäfen, sah den Maschinen bei Start und Landung zu. Regelmäßig buchte er Last-Minute-Flüge. „Wenn man beim Ziel nicht wählerisch ist, kann man echte Schnäppchen machen“, erklärt Schmidt. Egal wohin, Hauptsache abheben, dem Himmel entgegen – und dann auf Wolken Sieben schweben.

Im Freundeskreis galt er schon lange als der, der vom Fliegen träumt. Irgendwann zu Weihnachten schenkten die Eltern ihm einen Gutschein: Eine Runde im Flug­simulator. „Das war der Wahnsinn“, erinnert sich Patrick Schmidt. „Alles war so super-realistisch. Wie in einem echten Flugzeug.“ Dem Profi-Piloten, der im Simulator die Anleitungen gab, entging die Begeisterung nicht. „Wenn du wirklich als Pilot selbst fliegen willst“, sagte der erfahrene Flieger, „gibt es eine Möglichkeit. Aber die ist hart: Abendschule.“

Büffeln nach der Arbeit

Es wurde tatsächlich hart. Neben der Vollzeitstelle als Feuerwehrbeamter abends büffeln, pauken, lernen. Dazu immer wieder Wochenenden in der Flugschule mit Training und Schulung – und trotzdem, für Patrick Schmidt stand die Entscheidung fest: „Das will ich. Unbedingt.“ Früher hatten ihn Mathe und Physik gelangweilt. Jetzt stürzte er sich auf Formeln und Berechnungen, Karten und Flugrouten. Die Faszination des Fliegens stieg sogar noch weiter. „Du kannst alles verstehen und berechnen, warum so ein Metall-Koloss vom Boden abhebt“, schwärmt Schmidt, „und wenn du dann in der Maschine sitzt und es selbst erlebst, ist es jedes Mal aufs Neue wie Magie“.

Patrick Schmidt im Flugzeug

Ein Jahr später hatte Patrick Schmidt seine Lizenz als Privatpilot. Fortan durfte er kleinere, zweisitzige Flugzeuge steuern. „Der erste eigene Flug, selbst am Steuer sitzen, die Maschine starten und landen – das war unbeschreiblich“, erinnert er sich. „Es war so ein Glücksgefühl, so intensiv. Ich war im Himmel.“ Stolz, Faszination; der Dank gegenüber den Eltern, die das alles möglich gemacht hatten. Und noch etwas spürte er: Demut. „Klar, ich habe Leistung gebracht, habe nicht locker gelassen. Aber ich habe auch die richtigen Leute getroffen. Meine Gesundheit hat mich nicht im Stich gelassen.“ Das alles, sagt Patrick Schmidt, habe nicht in seiner Macht gestanden.

Vom Feuerwehrbeamten zum Verkehrspiloten

Er machte weiter. Jetzt wollte er sich den ganz großen Traum erfüllen: die Ausbildung zum Verkehrspiloten. Den anspruchsvollen Theorie-Teil hatte er bereits abgeschlossen. Dann kam Corona. „Plötzlich stand der Flugbetrieb still“, erinnert sich Schmidt. Die praktische Ausbildung ging nicht weiter. Die Bilder von den wochenlang und zu Dutzenden am Boden festsitzenden Flugzeugen brannten sich dem angehenden Piloten ins Herz. Da war sie wieder: die Sorge, dass ein Job als Berufspilot zwar lukrativ, aber eben auch sehr unsicher sei.

Seitdem zögert er, ob er die Ausbildung weitermachen soll. „Ein paar Jahre hätte ich wohl noch Zeit“, meint er. Aber vielleicht sei es ja auch so schon gut: „Zwei bis dreimal im Monat kann ich fliegen. Mit dem Privatflugzeug, wohin ich will.“ Übers Wasser, nach Borkum. Oder nach Koblenz, wo man beim Anflug Rhein und Mosel sieht. „Irre schön.“ Keine Verpflichtungen, keine Flugpläne. Die Kosten seien auch für Normalverdiener aufzubringen, wenn man sich in Haltergemeinschaften oder Flugvereinen organisiere. „Ökologisch betrachtet mag das Unsinn sein“, gibt er zu. Aber wenn er wieder in den Himmel steigt, alles unter sich zurücklässt; wenn er den uralten Traum vom Fliegen wahr werden lässt – „dann ist das Glück pur“.