Der Ton wird rauer

Seit fünf Jahren ist Patrick Klein Polizeiseelsorger in Hamburg. Er liebt seinen Beruf. Doch er merkt, dass sich etwas verändert in der Gesellschaft.

Hamburger Polizisten bei einer Demonstration Anfang November. Sie müssen viele Widersprüche aushalten, sagt ihr Seelsorger.
Hamburger Polizisten bei einer Demonstration Anfang November. Sie müssen viele Widersprüche aushalten, sagt ihr Seelsorger.picture alliance/rtn/Frank Bründel

Hamburg. Warnweste statt Talar, Multifunktionsjacke statt Beffchen oder Halskrause und eine Gemeinde mit rund 11.000 Mitgliedern – Patrick Kleins Pastorenstelle ist eine ganz besondere in der Nordkirche. Wenn er zur Arbeit geht, wählt er zwischen dem Büro bei der Hauptkirche St. Jacobi und dem Polizeipräsidium.

Themen sind breit gestreut

Seit fünf Jahren ist Patrick Klein Polizeiseelsorger in Hamburg, begleitet die Beamten auf Einsätze und Streifen und bietet die Möglichkeit zum Gespräch. „Ich kümmere mich um alle“, sagt der 46-Jährige. Die Themen sind breit gestreut: Beziehungsprobleme, Berufszweifel, Verschuldung – die gesamte Palette menschlicher Probleme. Aber auch der zunehmend raue Ton, dem sich die Beamten gegenübersehen.

Spucken, schubsen, drohen

„Da ist eine ganz andere Gewaltbereitschaft vorhanden“. Ein rauer Wind also, der da auch jungen Polizeischülern entgegenweht. In seinem Amt als Polizeiseelsorger ist Patrick Klein auch in deren Ausbildung tätig, diskutiert mit den Anwärtern im Fach „Berufsethik“ beispielsweise über die persönliche Haltung in Einsätzen. „Da sprechen wir dann schon ausführlich drüber, wie es beispielsweise für jemanden mit türkischem Hintergrund ist, der im Einsatz Kurden schützen muss, die gegen den türkischen Staat demonstrieren.“

Polizisten müssten Widersprüche aushalten

Auch die Black-Lives-Matter-Proteste in den USA, Rassismus und Polizeigewalt kommen zur Sprache. „Die Angst davor, gefilmt zu werden und dann bei Youtube zu landen – das macht besonders für junge Polizisten was“, weiß Klein. Doch anders, als häufig in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, ist das Vertrauen und Ansehen der Polizei in der deutschen Gesellschaft hoch. Laut Statista vertrauten im Sommer 2020 84 Prozent der Deutschen der Polizei. Im Jahr zuvor waren es noch 86 Prozent.

In die fünf Jahre von Kleins Amtszeit fielen auch der G20-Gipfel und das OSZE-Treffen im Juli 2017. „Die Erfahrungen dort haben Polizeiseelsorge und Polizei noch einmal näher zusammengebracht“, so Klein. Bis zu 20 Stunden sei er mit dabei gewesen – verschwitzt, erschöpft wie die Polzisten selbst. „Es ist das eine, immer wieder zu sagen, wir begleiten euch, und etwas anderes, wenn die Polizisten sehen, dass das wirklich stimmt.“

Heiligabend auf Streife

„Es ist auf jeden Fall die schönste Stelle, die meine Kirche mir geben konnte.“ Kein Tag sei wie der andere, und es gebe Einblicke in die Lebenswelten von Menschen, die einem sonst oftmals verschlossen blieben. Vor zwei Jahren sei er Weihnachten im Nachtdienst auf Streife mitgefahren. „Das hat mich oft geerdet.“ Während die einen im Kreise der Familie und im Schein des Weihnachtsbaumes beim Festessen zusammensäßen, sehe es bei vielen Menschen Heilig­abend ganz anders aus.

Fünf bis sechs Mal im Jahr steht er auch in St. Jacobi auf der Kanzel. Ein fester Termin ist der Polizeigottesdienst am 2. Adventssonntag. So auch in diesem Jahr. Wegen der Pandemie gab es nur begrenzte Plätze, die bei Redaktionsschluss bereits vergeben waren.