Der Schmuck ist weg, der Schreck bleibt
Den 8. März wird Angela Meyerhoff (Name geändert) wohl nie vergessen. Als sie abends mit ihrem Mann nach Hause kommt, fallen ihr sofort die offenen Schranktüren im Arbeitszimmer auf. Und die Gegenstände, die herausgerissen auf dem Fußboden liegen. Auch im Schlafzimmer ist alles durchwühlt, schlimmer noch: Ihr Schmuck ist weg. „Wir hätten uns nie vorstellen können, dass uns so etwas einmal passiert“, sagt Meyerhoff. Und doch ist das Ehepaar im Frühjahr dieses Jahres in der Nähe von Greifswald Opfer von Einbrechern geworden. Ein Fall von vielen: Für das Vorjahr meldet die Polizeiliche Kriminalstatistik bundesweit mehr als 77.000 Wohnungseinbrüche und Einbruchversuche.
„Es passte wahrscheinlich alles in einen Rucksack, war aber sehr viel wert und voller Erinnerungen“, trauert Meyerhoff ihrem Schmuck hinterher. Kommt sie abends, bei Dunkelheit, nach Hause, erscheint vor ihrem inneren Auge häufig das Bild vom Schreckenstag: „Dann sehe ich wieder, wie hier alles zerwühlt war.“
Joachim Brandt, Sprecher des Weissen Rings in Schleswig-Holstein, weiß: Ein Einbruch hat für Betroffene zunächst „eine gewaltige Schockwirkung“. Dass „der Raum, der bisher immer Schutz bedeutet hat“, in dieser Funktion „im Grunde genommen erstmal zerstört“ ist, sorge bei vielen für Unsicherheit und rufe Ängste hervor. Bei einigen Betroffenen führe das beispielsweise zu Angststörungen oder depressiven Erkrankungen. Der Weisse Ring ist eine Anlaufstelle für Kriminalitäts- und damit auch für Einbruchsopfer.
„Eine der größten Hilfestellungen, die wir leisten können, ist, dass wir einfach erst mal zuhören“, sagt Brandt. Betroffene könnten den ehrenamtlich Mitarbeitenden ihre Probleme schildern, diese müssten meist wenige Fragen stellen, da sie wüssten, wie kriminelle Taten ablaufen und wie es Betroffenen danach gehe.
Die Schilderungen lassen sich laut Brandt grob in drei Kategorien unterteilen. Kategorie eins seien Berichte darüber, dass den Betroffenen persönliche Gegenstände von hohem ideellem Wert gestohlen worden seien. Kategorie zwei umfasse Schilderungen über so hohe materielle Verluste, dass den Betroffenen die Mittel fehlten, „den Kühlschrank wieder gefüllt zu kriegen“ – das komme aber nicht so häufig vor. Ein besonders großes Problem, Kategorie drei, seien die psychischen Folgen nach einem Einbruch.
Der Weisse Ring sehe sich „als Lotse“ in einem Hilfenetz: „Wir haben Verbindungen zu therapeutischen Einrichtungen, zu psychiatrischen Kliniken, zu Fachanwälten.“ Dahin vermittle der Weisse Ring die Betroffenen ggf. weiter, sagt Brandt.
Meyerhoffs hatten Glück: Sie haben den Einbruch psychisch gut „weggesteckt“, therapeutische Hilfe benötigten sie nicht. Reden habe aber auch ihnen geholfen, sagt Angela Meyerhoff, das Paar habe sich beispielsweise mit Nachbarn ausgetauscht. Damit es nicht noch einmal Opfer von Einbrechern wird, hat es Vorsorge getroffen: „Wir haben jetzt eine Alarmanlage, Bewegungsmelder und neue Terrassentüren, die einbruchssicherer sind als die alten. Und wir haben einen Tresor.“
Die Polizei Hamburg gibt Verhaltenstipps zum Schutz vor Einbrüchen. Wer seine vier Wände verlasse, sollte die Haustür nicht nur zuziehen, sondern abschließen. Auch Fenster, Balkon- und Terrassentüren sollten verschlossen werden. Und: „Verstecken Sie Ihren Ersatzschlüssel niemals draußen.“ Viele Täter fänden solche Verstecke. Wer seinen Schlüssel verliere, sollte den Schließzylinder auswechseln. Auf keinen Fall sollten Zettel mit Aufschrift wie „Pakete für Müller bei Meier abgeben“ an der Tür angebracht werden. Auf dem Anrufbeantworter und in sozialen Netzwerken sollte niemand auf seine Abwesenheit hinweisen.
Der Einbruch bei Meyerhoffs ließ sich nicht aufklären. Für Angela Meyerhoff bleiben wesentliche Fragen unbeantwortet: „Ich weiß nicht, wie viele Einbrecher es waren. Waren sie alt? Waren sie jung?“ Die Kripo habe einen halben Fußabdruck gefunden, der wahrscheinlich von einem Mann stamme. „Mehr wussten die nicht.“ Für Angela Meyerhoff bleibt der Einbrecher deshalb „ein Phantom“ – eines, das hoffentlich nie wieder kommt.