Der Papst reist nach Luxemburg und Belgien
Selten besucht Papst Franziskus Länder in Europa. Am Donnerstag reist er nach Luxemburg und Belgien. Anlass der Reise ist ein Universitäts-Jubiläum. Doch auch in der nicht akademischen Welt ist das Interesse groß.
Nach seiner Aufsehen erregenden Reise ans “Ende der Welt”, die ihn bis in die Urwälder von Papua-Neuguinea brachte, stehen diesmal zwei Länder in Europa auf dem Programm des Papstes: Von Donnerstag bis Sonntag (26. bis 29. September) besucht Franziskus die EU-Kernländer Belgien und Luxemburg. Beide galten noch bis in die 80er Jahre als Hochburgen des Katholizismus, doch seit Jahrzehnten schwinden Anhängerschaft und Einfluss der Kirche.
Den Zuspruch des Papstes können die Katholiken in beiden Ländern gebrauchen. In Belgien haben Missbrauchsskandale den Ruf der Kirche schwer beschädigt. Wohl als Reaktion darauf trifft der Papst in Belgien 15 Betroffene sexualisierter Gewalt – unter dem Siegel höchster Diskretion. Bei Bekanntwerden der vielen Fälle vor etwa 15 Jahren geriet auch der eher liberale Kardinal Godfried Danneels (1933-2019), der im Konklave 2013 zur Wahl von Franziskus entscheidend beitrug, in den Strudel des Skandals.
2010 wurden seine dienstlichen und privaten Räume von der belgischen Polizei durchsucht, selbst Gräber verstorbener Bischöfe in der Kathedrale wurden damals aufgebrochen. Die Aktion der Justizbehörden wurde später offiziell als illegal eingestuft; sie ist nur vor dem Hintergrund des traditionell erbitterten Ringens freimaurerischer und katholischer Kräfte um die Ausrichtung von Staat und Gesellschaft in Belgien verständlich.
Im kleinen Nachbarland Luxemburg geht es weniger ruppig zu zwischen Staat und Kirche. Hier schlägt derzeit der mutmaßliche Millionen-Betrug einer einzelnen Caritas-Mitarbeiterin hohe Wellen – schmerzliche Einschnitte für den Wohlfahrtsverband sind bereits angekündigt. Auch gesellschaftlich erfährt die lange Zeit unantastbare katholische Kirche verstärkten Gegenwind. Wie in Belgien schwindet im Großherzogtum der Katholikenanteil von einst über 70 Prozent seit Jahren. Seit 2015 sind Staat und Kirche getrennt, ihre privilegierte Stellung hat sie mehr oder weniger freiwillig aufgegeben.
“Wir hoffen auf eine Ermutigung für die kleiner werdende Kirche”, sagt Luxemburgs Erzbischof Jean-Claude Hollerich der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit Blick auf den Papstbesuch. “Es hat bei uns in den vergangenen Jahren eine extreme Säkularisierung gegeben”, so der 66-jährige Jesuit. An den Schulen gibt es keinen Religionsunterricht mehr; Alternativen bieten die Pfarreien an, “aber wir bekommen aus Datenschutzgründen nicht mehr die Listen mit den Namen der Kinder”, sagt Hollerich, der Franziskus an seinem Anreisetag in der Kathedrale Notre-Dame empfangen wird.
Dass Franziskus dort keine Messe feiert, sondern nur einige tausend Gläubige zu einem Gebet mit Ansprache trifft, habe rein organisatorische Gründe. “Aber der Papst wird dem Marienwallfahrtsort in schöner Tradition die Goldene Rose schenken”, erklärt Hollerich. Zudem gelte die Abschlussmesse des Papstes am Sonntag in Brüssel für alle, Belgier wie Luxemburger. Vorher hat Franziskus ein großes Programm. Unter anderem wird er Großherzog Henri und König Philippe je einen Besuch abstatten.
Eigentlicher Anlass der Reise sind die Reden des Papstes in der flämischen katholischen Universität von Löwen (Leuven) am Freitag sowie in der französischsprachigen katholischen Universität von Louvain-La-Neuve am Samstag. Beide Universitäten feiern demnächst das 600. Jahr ihres lange Zeit gemeinsamen Bestehens. Tiefpunkt in der wechselvollen Geschichte waren die Zerstörungen der Universität in beiden Weltkriegen – zweimal durch deutsche Truppen und einmal durch alliierte Bomber.
Ab den 60er Jahren war Löwen eine Keimzelle der Befreiungstheologie, die wichtig war für die katholische Kirche in Lateinamerika. Unter anderem studierten die prominenten Befreiungstheologen Gustavo Gutierrez und Leonardo Boff dort. Später verteidigte Kardinal Danneels, auch er einst Student in Löwen, Gutierrez gegen Häresie-Vorwürfe aus dem Vatikan.
Schlusspunkt der Reise wird die Freiluftmesse im König-Baudouin-Stadion in Brüssel am Sonntagvormittag sein. Die 35.000 Sitzplätze waren binnen 90 Minuten ausgebucht. Bei der Feier spricht Franziskus die spanische Karmeliterin Anna von Jesus (1545-1621) selig.
Die Messe fällt auf den katholischen Welttag der Migranten und Flüchtlinge. Ein Thema, dem sich Papst Franziskus oft widmet – und das in Belgien mit seinen vielen Zuwanderern und mitunter gewaltsamen ethnischen und sozialen Konflikten besondere Brisanz hat.