Der Papst kommt nach Singapur – Besuch im multireligiösen Mikrokosmos
Franziskus reist am Mittwoch in den multireligiösen Stadt- und Inselstaat Singapur. Dort wird er mit hohen Sicherheitsvorkehrungen und Massen an Souvenirs erwartet. Auch politisch spielt der Besuch eine Rolle.
Die Sankt-Josef-Kirche im historischen Zentrum von Singapur ist am Dienstagvormittag leer. Nur ein junger Mann tritt ein, bekreuzigt sich und setzt sich für zehn Minuten in eine Bank. “Ich komme oft her, um zu beten”, sagt Bryan Song. Nein, einen besonderen Anlass gebe es nicht. “Einfach mal innehalten und Gott nahe sein”, sagt der 24-Jährige.
Song freut sich auf den anstehenden Besuch von Papst Franziskus und die Papstmesse am Donnerstag im Nationalstadion. “Ich bin aufgeregt und kann es kaum erwarten, von Papst Franziskus gesegnet zu werden.” Dann sagt er: “Ich will nicht politisch werden. Aber in diesen Zeiten von Extremismus und der weltweiten konservativen Welle ist dieser Papst, der für Frieden und das harmonische Miteinander eintritt, besonders wichtig.”
Der wohlhabende und mit strengen Gesetzen regierte Stadtstaat Singapur ist die letzte Station der bis 13. September dauernden Mammut-Reise des Papstes in die Asien-Pazifikregion. Zuvor besuchte er Indonesien, Papua-Neuguinea und Osttimor. Die geografische und kulturelle Nähe zu China, dem Papst Franziskus in seiner Außenpolitik seit Jahren besondere Aufmerksamkeit widmet, spielte bei der Auswahl dieses Reiseziels eine wichtige Rolle. Der Besuch wird nicht nur von der katholischen Minderheit mit Spannung erwartet.
Mit gut 31 Prozent sind die meisten Einwohner Singapurs Buddhisten, gefolgt von Menschen ohne Religionszugehörigkeit (20 Prozent). Christen belegen Platz drei mit knapp 19 Prozent, 395.000 von ihnen sind Katholiken. Zugleich ist Singapur multireligiös. Buddhisten, Taoisten, Muslime, Sikh, Christen und Hindus leben friedlich zusammen.
Die Regierung achtet sehr genau darauf, dass Extremisten nicht Fuß fassen. Die auch sonst schon scharfen Sicherheitsmaßnahmen wurden zum Besuch von Papst Franziskus nochmals verstärkt. In einem aktuellen Sicherheitsbericht warnt Singapurs Regierung, die terroristische Bedrohung sei weiterhin hoch.
Singapur wurde 1819 von Sir Stamford Raffles als britische Kolonie gegründet. Am 11. Dezember 1821 kam der katholische Pater Laurent Marie Joseph Imbert von der Gesellschaft der ausländischen Missionen zu Paris nach Singapur, um von dort aus Missionseinsätze nach Malaysia und China zu unternehmen. In einem Brief an den Ordensbruder Esprit-Marie-Joseph Florens, seinerzeit Apostolischer Vikar von Siam, dem heutigen Thailand, berichtete Imbert über die Anwesenheit von Katholiken in Singapur und die Notwendigkeit einer kirchlichen Mission. Das Datum der Ankunft Imberts wird als Beginn des Katholizismus in Singapur gesehen. Das älteste christliche Gotteshaus ist jedoch die 1823 geweihte Kirche armenisch-orthodoxer Christen.
Große religiöse und weltliche Veranstaltungen sind in Singapur an der Tagesordnung. Gefeiert, auch über Religionsgrenzen hinweg, werden Feste wie Weihnachten, das hinduistische Lichterfest, die hohen islamischen Feiertage und natürliche buddhistische Feste wie das chinesische Neujahrsfest oder das wenige Tage nach dem Papstbesuch beginnende, sehr populäre Mondfest. Die religiösen Events werden ebenso wie weltliche Veranstaltungen, etwa das jährliche Formel-1-Nachtrennen, von der Regierung als Werbung für Singapur als Touristendestination und als Wirtschaftsstandort vermarktet.
Um die Ecke der Kirche Sankt Josef blüht in der Waterloo Straße das multireligiöse und multiethnische Singapur. Menschenmassen strömen in den buddhistischen Kwan Im Thong Hood Cho Tempel. Vor dem Tempel bieten Straßenhändler Räucherstäbchen und Lotusblumen feil. Keine 50 Meter von entfernt steht der ganz in blau gehaltene hinduistische Sri Krishnan Tempel.
Schräg gegenüber dem Hindutempel befindet sich in einem schmucklosen Gebäude das “CANA The Catholic Centre”. Das Zentrum der Erzdiözese Singapur ist in den Tagen vor dem Papstbesuch der wohl populärste katholische Ort der Stadt. Zum einen werden hier die vorbestellten Karten für die Papstmesse ausgeben. Zum anderen ist es die Hauptverkaufsstelle für Papstsouvenirs: T-Shirts, Fächer, Rucksäcke oder Hüte – natürlich in gelb und weiß, den offiziellen Farben des Vatikans. “Die Leute reißen uns die Souvenirs aus den Händen. Wir kommen mit dem Bestellen von Nachschub kaum hinterher”, sagt Verkäuferin Carol Seow im Hinterzimmer des Ladens, in dem sich Kartons mit Papst-Memorabilia stapeln.