Der katholische Pfarrer mit Frau und Kindern

Zum ersten Mal bekommt die Gemeinde der Hamburger Alt-Katholiken einen eigenen Pfarrer. Walter Jungbauer wird in einer evangelischen Kirche eingeführt – in Ermangelung eines eigenen Gotteshauses.

Walter Jungbauer
Walter JungbauerThomas Morell

Hamburg. Walter Jungbauer (52) ist katholischer Pfarrer – verheiratet und Vater von drei Jungs. Von anderen katholischen Pfarrern unterscheidet ihn, dass er der Alt-Katholischen Kirche angehört. Als erster Pfarrer der Hamburger Gemeinde wird er am Sonnabend, 25. August, um 10.30 Uhr von Bischof Matthias Ring in sein neues Amt eingeführt. Weil die Altkatholiken keine eigene Kirche in Hamburg haben, wird der Gottesdienst in der evangelischen St. Trinitatis-Kirche am Fischmarkt Altona gefeiert.
Die Ursprünge der Alt-Katholischen Kirche reichen bis zum Ersten Vatikanischen Konzil 1870 zurück, als Teile der Römisch-Katholischen Kirche die beschlossene Unfehlbarkeit des Papstes nicht anerkennen wollten und sich abspalteten. Die Alt-Katholische Kirche versteht sich als reformorientiert und sucht die ökumenische Gemeinschaft mit anderen Kirchen. So werden bei den Altkatholiken auch Pfarrerinnen ordiniert, homosexuelle Paare gesegnet und geschiedene Ehepartner getraut. In Deutschland hat sie rund 16.000 Mitglieder.

Früher war er Ministrant

Alt-Katholische Abendmahlsgottesdienste gibt es in Hamburg seit 1923, doch mussten sie bislang ohne eigenen Pfarrer auskommen. Die Seelsorger kamen aus Berlin, Hannover und von der nordfriesischen Halbinsel Nordstrand. 1937 wurde Hamburg eigenständige Gemeinde. Heute hat sie 265 Mitglieder, die in Hamburg, den schleswig-holsteinischen Nachbargemeinden und im nördlichen Niedersachsen leben. 
Seit Januar 2014 ist Jungbauer in seiner Gemeinde tätig, ehe er am 10. Juni dieses Jahres zum hauptamtlichen Pfarrer gewählt wurde. Unterstützt wird er von der ehrenamtlichen Pfarrerin Oranna Naudascher-Wagner, die im Hauptberuf Altenpflegerin ist.
Walter Jungbauer ist in einer römisch-katholischen Familie in Bayreuth aufgewachsen. Er war Ministrant, hat seine Ferien im Zeltlager verbracht und sich in der katholischen Jugendarbeit engagiert. Während seines Theologie-Studiums in Bamberg hat er die alt-katholische Kirche für sich entdeckt und sich in der Gemeinde heimisch gefühlt. In Bonn legte er das alt-katholische Examen ab. Nach einer PR-Ausbildung war er sieben Jahre beim BUND zuständig für Abfallvermeidung, Atomausstieg und alternative Energie. 

"Zeit für die Menschen"

Nach einer weiteren Ausbildung zum Fundraiser war er für die Berliner Tafel und die Ev. Kirche in Mitteldeutschland tätig. Parallel dazu war er ehrenamtlicher pastoraler Mitarbeiter. Den Weg in den Norden ebnete ihm seine Frau Christine Guse. Die evangelisch-methodistische Pastorin übernahm 2012 eine Pfarrstelle in Ellerbek im Kreis Pinneberg. Nach einer Zwischenstation beim Ev. Verband Kirche Wirtschaft Arbeitswelt absolvierte Jungbauer in Hamburg den pastoralen Vorbereitungsdienst und wurde Anfang 2017 Pfarrvikar.  
Walter Jungbauer ist viel unterwegs. Neben den Sonntagsgottesdiensten in Altona feiert er Andachten in Lüneburg und anderen Orten, Friedensgebete und altkirchliche Lichtvespern. Seit zehn Jahren sind die Altkatholiken Gast in St. Trinitatis Altona. Seine Gemeinde ist zwar klein, wird aber dafür intensiv betreut. Zum Geburtstag gibt es Post und wer in die Gemeinde zieht, wird mit einem Brief begrüßt. Für Walter Jungbauer steht die individuelle Zuwendung im Vordergrund: "Ich habe einfach Zeit für die Menschen." (epd)